Präjudizwirkung nichtigen Grundstückskaufvertrags für Berichtigungsverfahren

Die rechtskräftige Entscheidung, mit der die Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags festgestellt wird, ist für das Verfahren auf künftige Grundbuchberichtigung wegen Erlöschens des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs richtungsweisend. Ein mit dem Klageantrag verbundener erneuter Berichtigungsantrag ist laut Bundesgerichtshof aber nur dann zulässig, wenn er bloß hilfsweise für den Fall gestellt wird, dass der Hauptantrag Erfolg hat.

Verkäufer verlangt Löschung der Vormerkung

Ein Grundstücksverkäufer verlangte, dass die Nichtigkeit des mit einem Käufer geschlossenen Kaufvertrags sowie die Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung festgestellt wird. Die Parteien hatten das Geschäft im Februar 2014 zu einem beurkundeten Preis von 200.000 Euro abgeschlossen. Zugunsten des Beklagten wurde eine Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eingetragen. Eine Auflassung an ihn war nicht erfolgt. Im Vorfeld des Vertrags zahlte er dem Verkäufer bei einem Treffen einen Bargeldbetrag von 50.000 Euro. Von seinem Optionsrecht machte er keinen Gebrauch. Daraufhin erhob der Verkäufer 2016 Klage auf Bewilligung der Löschung der Vormerkung, die das Landgericht Heilbronn in einem ersten Vorprozess abwies. In einem zweiten Vorprozess wurde der Kläger dort zur Rückzahlung von 50.000 Euro verurteilt, gestützt auf ein vom Beklagten gewährtes Darlehen. Er behauptete, tatsächlich sei ein Kaufpreis von 350.000 Euro vereinbart worden.

OLG: Bewilligungsklage steht Urteil aus erstem Vorprozess entgegen

Das LG Heilbronn stellte die Nichtigkeit des Kaufvertrags fest und wies die Klage im Übrigen als unzulässig ab. Auch das Oberlandesgericht Stuttgart ging von der Unzulässigkeit der Klage aus, soweit der Kläger die Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung verlangt. Ihr stehe das in dem ersten Vorprozess ergangene rechtskräftige Urteil entgegen. Das Nichtzustandekommen des Kaufvertrags mangels Ausübung der Option und die Nichtigkeit als Scheingeschäft gehörten zu einem einheitlichen Lebenssachverhalt. Mögliche Schwierigkeiten bei der Löschung der Auflassungsvormerkung könnten dieses Ergebnis nicht beeinflussen. Die Revision des Klägers beim BGH hatte Erfolg.

Nachträglich geänderte Tatsachengrundlage

Dem V. Zivilsenat zufolge steht der Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung entgegen der Auffassung des OLG nicht das im ersten Vorprozess ergangene Urteil entgegen. Mit Rechtskraft des Feststellungsurteils stehe fest, dass die Auflassungsvormerkung nicht entstanden und das Grundbuch hinsichtlich deren Eintragung unrichtig sei. Diese Auswirkungen veränderten nachträglich die Tatsachengrundlage des im Vorprozess ergangenen Urteils, mit dem der Anspruch auf die Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB rechtskräftig verneint wurde. Da der Kläger aufgrund der entgegenstehenden Rechtskraft aber erst dann die Löschung der Vormerkung bewirken könne, sei es nicht zulässig, den Antrag auf Grundbuchberichtigung kumulativ neben dem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags als weiteren Hauptantrag zu stellen. Dann müsste er die Anträge im Wege einer Eventualklagehäufung so verknüpfen, dass nur bei Erfolg der Feststellungsklage über den auf Grundbuchberichtigungsantrag zu entscheiden sei.

BGH, Urteil vom 17.02.2023 - V ZR 22/22

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2023.