Porsche darf Tuningproduktehersteller nicht vom Neuwagenerwerb ausschließen

Porsche darf dem Bundesgerichtshof zufolge seinen Vertragshändlern nicht länger verbieten, Wagen an Unternehmen zu verkaufen, die diese aufrüsten (tunen) und zu Präsentationszwecken einsetzen wollen. Der Kartellsenat wertete das Belieferungsverbot als Versuch einer Wettbewerbsbeschränkung. Im Rahmen des Vertriebssystems seien die Tuningunternehmen nicht als Wiederverkäufer einzustufen.

Porsche verbietet Vertragshändlern den Verkauf an Wiederverkäufer

Die Porscheproduzentin und ihre Vertriebsgesellschaft verpflichteten ihre Abnehmer dazu, die Fahrzeuge ausschließlich an Endverbraucher oder an autorisierte Vertragshändler zu verkaufen. Ausdrücklich war der Verkauf an sogenannte Wiederverkäufer verboten. Dabei betrachteten sie auch Unternehmen, die die Autos gewerblich umrüsten oder veredeln, um sie anschließend weiter zu veräußern, als Wiederverkäufer. Selbst der Verkauf als Präsentationsfahrzeug für Tuning-Produkte sollte verboten sein. Die Kunden der Vertragshändler sollten eine entsprechende Verpflichtungserklärung unterschreiben. Der Kläger, ein Verband von knapp 130 Unternehmen, die Tuningteile herstellen und vertreiben, verlangte vergeblich die Unterlassung dieser Klauseln vor dem Landgericht Stuttgart. Das Oberlandesgericht Stuttgart hingegen gab der Klage überwiegend statt. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung.

Belieferungsverbot an Tuningprodukte-Hersteller ist unzulässige Wettbewerbsbeschränkung

Der Kläger hat dem BGH zufolge einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Verkaufsverbots an Tuning-Produktehersteller nach § 33 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 1 GWB. Die beanstandete Klausel sei eine Beschränkung des Wettbewerbs der Vertragshändler, weil sie von diesem Markt komplett ausgeschlossen werden. Die Kundengruppenbeschränkung gehe auch zulasten der Porsche-Tuningproduktehersteller, weil sie ihre - fabrikneuen - Ausstellungsstücke nur von der beklagten Vertriebsgesellschaft erwerben können. Weil Porsche auch selbst Tuning-Produkte für die eigenen Serienfahrzeuge herstelle, handele die Gesellschaft eindeutig zulasten der Konkurrenz. 

Keine Ausnahme vom Verbot

Dem Kartellsenat zufolge greifen die Grundsätze für den qualitativ selektiven Vertrieb hier nicht: Die Herstellerin könne den Kreis der unerwünschten Abnehmer nicht beliebig vom Kauf ausschließen, indem man sie willkürlich zum Wiederverkäufer erkläre. Vielmehr werde der Begriff des Wiederverkäufers objektiv bestimmt. Er treffe nur auf jemanden zu, der das Fahrzeug ohne wesentliche Veränderungen im neuwertigen Zustand weiterverkaufe. Der hier in Rede stehende Verwendungszweck - Präsentation des Fahrzeugs mit den eigenen Tuningprodukten - falle nicht darunter. Außerdem genüge es für eine zulässige Vertriebsbindung, die Erwerber zu einer gewissen Haltedauer zu verpflichten.

BGH, Urteil vom 06.07.2021 - KZR 35/20

Redaktion beck-aktuell, 13. September 2021.