Notar muss klären, ob er es mit einem Verbraucher zu tun hat

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit für die amtliche Sammlung vorgesehenem Urteil vom 28.05.2020 die Amtspflichten von Notaren konkretisiert. Der Notar müsse bei Beurkundungen vorab klären, ob es sich um einen Verbrauchervertrag handele, sofern der Status des Beteiligten nicht offensichtlich sei. Verblieben trotzdem immer noch Zweifel, müsse der Notar den sichersten Weg wählen und den Beteiligten als Verbraucher behandeln.

Notar beurkundet Kaufvertrag vor Ablauf der Zweiwochenfrist

Der Käufer begehrte von dem beklagten Notar Schadensersatz. Er hatte vor dem Notar einen Kauf über vier vermietete Eigentumswohnungen abgeschlossen und später festgestellt, dass die Wohnungen weder renoviert noch rentabel waren. Die Rückabwicklung scheiterte vor Gericht. Der Käufer warf nun dem Notar vor, den Vertrag beurkundet zu haben, obwohl die zu seinem Schutz als Verbraucher bestehende Zweiwochenfrist noch nicht abgelaufen war. Bei hinreichender Zeit hätte er sich beraten lassen und die Wohnungen jedenfalls nicht gekauft. Das LG wies die Klage ab. Das OLG Zweibrücken bestätigte die Entscheidung in seinem Urteil: Der vollfinanzierte Erwerb von vier Eigentumswohnungen sei in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit erfolgt.

BGH: Keine Feststellungen zur Verbrauchereigenschaft

Die Sache wurde an das OLG zurückverwiesen. Die Bundesrichter hielten dem Oberlandesgericht vor, bislang keine Feststellungen in Bezug auf die Frage, ob der Käufer als Verbraucher handelte, getroffen zu haben. Der Senat räumte zwar ein, dass der gleichzeitige Kauf von vier Wohnungen für ein Privatgeschäft unüblich sei, aber daraus habe der Notar nicht automatisch schließen dürfen, dass hier kein Privatgeschäft vorliege. Dies habe er klären müssen. Bei verbleibenden Zweifeln habe er den "sichersten Weg" wählen und den Kläger als Verbraucher behandeln müssen.

Kollegialgerichtsrichtlinie nicht einschlägig

Der III. Zivilsenat verwehrte dem Notar auch die Berufung auf die sogenannte Kollegialgerichtslinie. Danach wäre sein Handeln hier als jedenfalls rechtmäßig anzusehen gewesen, da ein mit mehreren Personen besetztes Gericht, hier das OLG Zweibrücken, sein Handeln als korrekt angesehen hatte. Durch Missachtung der "seit langer Zeit" gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung von privaten und gewerblichen Geschäften hätten die Überlegungen des OLG aber bereits im Ansatz auf falschen rechtlichen Vorstellungen basiert.

BGH, Urteil vom 28.05.2020 - III ZR 58/19

Redaktion beck-aktuell, 19. Juni 2020.