Paraphe muss Anwalt zuordenbar sein

Die Unterschrift unter einem fristwahrenden Schriftsatz muss nicht lesbar sein, aber man muss sie dem Anwalt zuordnen können. Dabei ist für den Bundesgerichtshof entscheidend, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Das Gericht muss im Zeitpunkt des jeweiligen Fristablaufs den Urheber klar erkennen können.

"Wellenförmige Schreibbewegung“

Ein Anleger verlangte im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Fondsgesellschaft Schadenersatz. Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage am 18.09.2018 ab. Kurz vor Fristende ging beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine Berufungsschrift seines Anwalts ein. Der Schriftsatz endete mit der Namensangabe "P. W. B." in Maschinenschrift und der darunter gesetzten Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt Investment Consultant (EBS/Deutsche Börse AG)". Unterzeichnet war das Schreiben mit einem "steil nach oben ragenden spitzwinkligen Schwung und einer daran anschließenden (kurzen) wellenförmigen Schreibbewegung". Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig, da bereits die Berufungsschrift nicht formwirksam unterzeichnet worden sei. Der Schriftzug lasse keinen einzigen Buchstaben des Nachnamens erkennen und sei nicht als vollständiger Namenszug anzusehen. Dagegen wandte sich der Anleger mit der Rechtsbeschwerde – ohne Erfolg.

BGH: Urheberschaft steht nicht fest

Auch aus Sicht des BGH handelte es sich um keine ordnungsgemäße Unterschrift eines Rechtsanwalts, §§ 130 Nr. 6, 519 Abs. 4 ZPO. Der abschließende Schriftzug sei unleserlich. Zwar könne auch ein derart vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein; dies scheitere hier jedoch daran, dass die Urheberschaft des Juristen nicht feststehe. Ausweislich der in den Akten befindlichen Schriftsätze ist laut BGH nicht erkennbar, dass der Anwalt von ihm gefertigte Schriftsätze üblicherweise in der Art der Berufungsschrift unterschreibt. Stutzig machte die Richter des III. Senats zudem – wie auch ihre Frankfurter Kollegen vor ihnen – die Ähnlichkeit der Paraphe mit der Unterschrift des Klägers auf den Prozessvollmachten und auf seinem Personalausweis. Der Fehler sei auch durch den Anwalt verschuldet worden und somit keine Wiedereinsetzung möglich.

BGH, Beschluss vom 17.12.2020 - III ZB 14/20

Redaktion beck-aktuell, 10. Februar 2021.