Paar muss trotz coronabedingt geplatzter Hochzeit volle Miete zahlen
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Ob Paare, deren Hochzeitsfeier wegen der Corona-Maßnahmen geplatzt ist, die Miete für die angemieteten Räumlichkeiten voll zahlen müssen, hängt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs von den Umständen des Einzelfalls ab. Im konkreten Fall erachtete der BGH eine Verlegung des Termins für interessengerecht und zumutbar, da die standesamtliche Trauung bereits längere Zeit zurückgelegen hatte.

Hochzeitsfeier coronabedingt geplatzt - Rücktritt vom Vertrag erklärt

Das Paar, das am 11.12.2018 standesamtlich geheiratet hatte, mietete für den 01.05.2020 bei der Beklagten Räume für eine Hochzeitsfeier mit circa 70 Personen. Nach mündlichen Vertragsverhandlungen übersandte die Beklagte den Klägern eine auf den 05.04.2019 datierte Rechnung über die vereinbarte Miete von 2.600 Euro, die von den Klägern beglichen wurde. Die geplante Hochzeitsfeier fand nicht statt, weil aufgrund der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung in der ab dem 27.04.2020 gültigen Fassung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt worden waren. Am 23.03.2020 bot die Beklagte den Klägern unter Angabe von Alternativterminen an, die Hochzeitsfeier zu verschieben. Mit Schreiben vom 24.04.2020 baten die Kläger um Rückzahlung der geleisteten Miete und erklärten gleichzeitig den Rücktritt vom Vertrag. Das Amtsgericht wie die auf Rückzahlung der vollen Miete gerichtete Klage ab. Auf die Berufung der Kläger änderte das Landgericht das Urteil ab und verurteilte die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen, an die Kläger 1.300 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Dagegen legte die Beklagte Revision ein, die Kläger legten Anschlussrevision ein.

BGH: Keine Unmöglichkeit

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt. Die Anschlussrevision der Kläger wies er zurück. Die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie hätten nicht zu einer Unmöglichkeit im Sinne der §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB geführt. Denn der Beklagten sei es trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier in Nordrhein-Westfalen geltenden Veranstaltungsverbots und der angeordneten Kontaktbeschränkungen nicht unmöglich, den Klägern den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren.

Kein Mangel der Mietsache

Ebenso zutreffend habe das Landgericht eine Minderung des Mietzinses nach § 536 Abs. 1 BGB abgelehnt. Durch die Coronaschutzverordnung sei weder den Klägern die Nutzung der angemieteten Räume noch der Beklagten tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten worden. Das Mietobjekt habe daher trotz der Regelungen in der Coronaschutzverordnung, die die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagt habe, weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung gestanden. Eine Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolge, stelle somit keinen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB dar. Beides habe der Senat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 12.01.2022 (BeckRS 2022, 48) bereits ausgeführt. Gleiches gelte, wenn aus diesem Grund in Räumlichkeiten, die von Privatpersonen bei einem gewerblichen Anbieter angemietet wurden, eine dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Damit stand der Klägerin laut BGH auch kein Recht zum Rücktritt nach § 326 Abs. 5 BGB oder zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zu.

Kein Anpassungsanspruch hinsichtlich Mietzahlung

Entgegen der Auffassung des LG stehe den Klägern im vorliegenden Einzelfall auch kein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) auf Anpassung des Mietvertrags dahingehend zu, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete vollständig oder teilweise befreit wären. Zwar komme nach der Rechtsprechung des BGH (BeckRS 2022, 48) für den Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolge, ein solcher Anpassungsanspruch grundsätzlich in Betracht. Nach der vorliegenden Entscheidung gelte dies auch für Räume, die zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet worden seien, wenn die Feier aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte.

Umfassende Abwägung im Einzelfall

Dies bedeute aber nicht, dass der Mieter in diesen Fällen stets eine Anpassung der Miete verlangen könne. Ob ihm ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar sei, bedürfe einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien (§ 313 Abs. 1 BGB). Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage führe nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses. In aller Regel sei der Vertrag nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten und lediglich in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen. Nur wenn dies nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar sei, könne nach § 313 Abs. 3 BGB der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen.

Verlegung hier interessengerecht und zumutbar

Im vorliegenden Fall beschränke sich der Anpassungsanspruch der Kläger nach § 313 Abs. 1 BGB auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier, weil bereits dadurch eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden könne. Die Beklagte habe den Klägern bereits am 23.03.2020 eine Vielzahl von Ausweichterminen, auch für das Jahr 2021, angeboten. Den Klägern wäre zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine Verlegung der Hochzeitsfeier auch zumutbar gewesen. Sie hätten bereits im Dezember 2018 standesamtlich geheiratet und die Hochzeitsfeier habe daher nicht, wie regelmäßig, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer standesamtlichen oder kirchlichen Trauung gestanden.

Endgültiger Verzicht auf Hochzeitsfeier fiele in Risikobereich der Kläger

Die Kläger hätten auch keine anderen Gründe dafür vorgetragen, dass die Feier ausschließlich am 01.05.2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können. Sollten sie inzwischen endgültig auf eine Hochzeitsfeier verzichten wollen, fiele diese Entscheidung allein in ihren Risikobereich und hätte daher auf die vorzunehmende Vertragsanpassung keine Auswirkung. Denn sie beträfe das allgemeine Verwendungsrisiko eines Mieters und stünde nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage.

BGH, Urteil vom 02.03.2022 - XII ZR 36/21

Redaktion beck-aktuell, 2. März 2022.