Operation: Über mögliche Erweiterung muss aufgeklärt werden

Ein Arzt muss seinen Patienten vor einem chirurgischen Eingriff über einen etwaigen Wechsel der OP-Form und damit verbundene Risiken aufklären. Auf die ursprünglich vorgesehene Operationsmethode ist der Arzt nach erfolgter Aufklärung laut BGH nur nach eindeutiger Klarstellung des Patienten beschränkt.

Ein Lackierer verklagte ein Krankenhaus sowie dessen Chefarzt für Schulterchirurgie auf Schadensersatz wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung im Rahmen einer OP. Zu dieser hatte ihm der Mediziner geraten, der bei dem Mann unter anderem eine akute Schleimbeutelentzündung an der rechten Schulter diagnostizierte. Zwei Tage vor der OP führte der Arzt mit ihm ein Aufklärungsgespräch, an dessen Ende der Erkrankte eine Einwilligungserklärung unterschrieb. Auf der zweiten Seite des Bogens wurde er auf mögliche Wechsel der OP-Form hingewiesen: "Über die geplante Arthroskopie/arthroskopische Operation (…) sowie evtl. erforderliche Erweiterungen (zB Umsteigen auf eine offene Operation) wurde ich in einem Aufklärungsgespräch mit (…) dem Arzt B. (…) ausführlich informiert." Während des Eingriffs war dann auch tatsächlich ein Wechsel der Operationsform zu einem Mini-open-Eingriff erforderlich. Im Anschluss an die Prozedur infizierte sich die Wunde des Malers mit Keimen, die zwei weitere OPs zur Folge hatten. Die Frankfurter Vorinstanzen beim LG und OLG waren sich einig, dass der Kläger vor dem Eingriff nach § 630d Abs. 2 BGB ordnungsgemäß über die gesamte OP – auch den Übergang zur Mini-open-Technik – aufgeklärt worden sei und in den Eingriff eingewilligt habe.

Dem pflichtete der für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des BGH bei (Urteil vom 21.11.2023 – VI ZR 380/22). So habe das OLG zu Recht erkannt, dass die Einwilligung des Patienten nicht auf die Durchführung einer Operation im Wege der arthroskopischen Methode beschränkt war. Den Angaben der Frau des Mannes, er sollte eine arthroskopische Operation "kriegen", habe das LG nicht entnehmen müssen, dass der Eingriff unter allen Umständen arthroskopisch zu Ende geführt werden musste. Denn dies hätte – wie auf Seite 2 des Aufklärungsbogens ausgeführt – zur Folge, dass der Eingriff hätte mittendrin abgebrochen werden müssen, um erneut mit dem Patienten zu sprechen. Für eine so weitgehende Einschränkung der intraoperativen Reaktionsmöglichkeiten, die sich – wie im Aufklärungsbogen dargestellt – zum Nachteil des Patienten auswirken kann, hätte es jedoch einer eindeutigen Klarstellung bedurft.

Über die Frage, ob über eine OP mit zeitlichem Abstand aufgeklärt werden muss, musste der BGH mangels Rüge des Patienten nicht erneut entscheiden. Das ist, so der BGH in Fortführung der Senatsrechtsprechung von 2022, auch richtig, weil § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB keine vor der Einwilligung einzuhaltende "Sperrfrist" – und damit keinen bestimmten Zeitraum zwischen Aufklärung und Einwilligung – vorsieht, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen würde. 

BGH, Urteil vom 21.11.2023 - VI ZR 380/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. Januar 2024.