Ohne Zustellung an Betroffenen kein Fristbeginn

Damit die Beschwerdefrist gegen eine Unterbringung zu laufen beginnt, muss eine nicht dem Willen des Betroffenen entsprechende anfechtbare Entscheidung ihm zugestellt werden. Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass eine Ersatzzustellung an den Betreuer nicht in Betracht kommt. Mangels Willens des Gerichts, an den richtigen Adressaten zuzustellen, führe auch die tatsächliche Kenntnisnahme nicht zur Heilung des Fehlers.  

Betroffener möchte nicht untergebracht werden

Ein Mann wollte weder untergebracht noch zwangsbehandelt werden. Das Amtsgericht Hannover sah dies anders und genehmigte am 23.01.2020 eine Unterbringung von einem Jahr und zwei ärztliche Behandlungen. Wie vom Gericht verfügt, wurde der Betroffene durch einfachen Brief vom 30.01.2020 hierüber informiert. Am 03.03.2020 ging seine Beschwerde ein. Das Landgericht Hannover fragte noch nach, wann das Schreiben eingegangen sei, und verwarf dann die Beschwerde als unzulässig: Die Beschwerdefrist sei versäumt worden. Der BGH hob diese Entscheidung auf. 

Klare Bestimmung des § 41 FamFG

Aus Sicht der Karlsruher Richter war die Beschwerdefrist nicht abgelaufen. Im Gegenteil: Sie sei noch nicht in Gang gesetzt worden. Zwar hätten die Gerichte grundsätzlich nach § 15 Abs. 2 S. 1 FamFG die Wahl, ob sie zustellen oder einen Brief schicken wollten. Allerdings habe, so der XII. Zivilsenat, das AG hier die Regel des § 41 Abs. 1 S. 2 FamFG verletzt. Danach müssten anfechtbare Entscheidungen demjenigen zugestellt werden, der erklärtermaßen damit nicht einverstanden sei. Hier habe der Betroffene seine Ablehnung deutlich gemacht. Die Bundesrichter betonten auch, dass die persönliche Zustellung nicht durch eine Ersatzzustellung an den Betreuer ersetzt werden kann. Ebenso komme eine Heilung durch Kenntnisnahme nicht in Betracht – das AG habe sich bewusst gegen eine förmliche Zusendung entschieden.   

BGH, Beschluss vom 16.06.2021 - XII ZB 358/20

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2021.