Ohne Grund wird Berufungsbegründungsfrist nicht verlängert

Wer beantragt, die Berufungsbegründungsfrist das erste Mal zu verlängern, kann nur dann auf Stattgabe dieses Antrags hoffen, wenn er begründet, warum die Frist nicht eingehalten werden kann. Der Bundesgerichtshof nimmt an, dass das Berufungsgericht ohne diese Angabe von Gründen davon ausgehen darf, dass der Rechtsstreit verzögert werden soll. Ein anschließender Wiedereinsetzungsantrag könne den Mangel nicht heilen, weil die Institute Verlängerungs- und Wiedereinsetzungsantrag nicht zur Disposition der Parteien stehen.

Berufungsbegründungsfrist verpasst

In einem Streit um eine Forderung in Höhe von rund 25.000 Euro erhob der Beklagte nach Erlass eines für ihn ungünstigen Vollstreckungsbescheids Einspruch. Der Einspruch wurde verworfen, woraufhin rechtzeitig Berufung eingelegt wurde. Einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist beantragte der säumige Zahler eine Fristverlängerung für die Begründung, weil der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte am Tag des Fristablaufs in den Urlaub gegangen war. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil ihm bis zum Urlaubsantritt kein Aktenzeichen mitgeteilt worden sei. Zwar habe das Berufungsgericht 10 Tage vorher ein Schreiben abgesandt, habe dieses aber zu einer Kanzlei mit demselben Namen in einer anderen Stadt gesandt. Die Kollegen hätten das Schreiben erst am Tag der Antragstellung weitergeleitet. Später trug der Beklagte weiter vor, dass er bereits vor Ablauf der Frist - ohne Angabe des Aktenzeichens - hätte beantragen wollen, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern. Ein Kanzleimitarbeiter habe aber nur die Anfrage zum Aktenzeichen abgeschickt. Das dann vorgelegte Schreiben enthielt aber keine Begründung des Antrags. Das Oberlandesgericht Hamm wies beide Anträge zurück, auch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.

Rechtsbeschwerde ist unzulässig

Nach Ansicht des BGH wird der Beklagte durch die Entscheidung weder in seinem Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip noch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Der beabsichtigte - fristgerechte - Antrag, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, habe den Karlsruher Richtern zufolge den Anforderungen des § 520 Abs. 2 ZPO nicht genügt, weil er keinerlei Begründung enthielt. Daher habe der Prozessbevollmächtigte nicht mit der Stattgabe seines Antrags rechnen dürfen. Der nach Ablauf der Frist gestellte Wiedereinsetzungsantrag nach § 233 ZPO habe zwar eine ausreichende Begründung enthalten. Die Institute Begründungsverlängerungsantrag und Wiedereinsetzungsantrag könnten aber nicht wahlweise in Anspruch genommen werden. Ein Rechtsanwalt, der eine Frist nicht einhalten könne, müsse einen begründeten Verlängerungsantrag stellen.

BGH, Beschluss vom 16.11.2021 - VIII ZB 70/20

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2022.