No­tar­kos­ten für Pflicht­teils­ver­zicht: Wert nach Ver­mö­gen bei­der El­tern

Ver­zich­ten Kin­der auf ihr Pflicht­teils­recht nur zu­guns­ten eines El­tern­teils, be­mes­sen sich die No­tar­kos­ten den­noch nach dem Ver­mö­gen bei­der El­tern. Damit hat der BGH eine um­strit­te­ne Frage zum Ge­schäfts­wert ent­schie­den und einem Notar mehr Geld zu­ge­spro­chen als ur­sprüng­lich von ihm ab­ge­rech­net.

Ein Notar hatte einen Pflicht­teils­ver­zicht von Kin­dern be­ur­kun­det, die auf ihr Pflicht­teils­recht nur zu­guns­ten des län­ger le­ben­den El­tern­teils ver­zich­tet hat­ten. In sei­ner Kos­ten­rech­nung erhob er Ge­büh­ren in Höhe von rund 437 Euro (bei einem Ge­schäfts­wert von 36.250 Euro), der das Ver­mö­gen nur eines El­tern­teils zu­grun­de lag. Die No­tar­kas­se be­schwer­te sich. Für den Wert des Pflicht­teils­ver­zichts sei das Ver­mö­gen bei­der El­tern­tei­le zu be­rück­sich­ti­gen, so die Be­grün­dung. Die Prä­si­den­tin des LG wies den Notar an, seine Rech­nung ge­richt­lich über­prü­fen zu las­sen. Das LG be­rech­ne­te den Wert aus dem Ver­mö­gen bei­der El­tern und än­der­te die Kos­ten­rech­nung auf einen Be­trag von 657 Euro ab (bei einem Ge­schäfts­wert von 72.500 Euro). Damit gab sich der Notar nicht zu­frie­den und ging in Be­schwer­de. Das OLG ent­schied wie­der­um im Sinne sei­ner ers­ten Kos­ten­rech­nung "für" ihn, da nur einer der bei­den Ver­zich­te wirk­sam werde.

Der für das Erbrecht zu­stän­di­ge IV. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs (Be­schluss vom 11.10.2023 - IV ZB 26/22) hat nun  die Ent­schei­dung des LG be­stä­tigt und sprach dem Notar in­so­weit mehr Ge­büh­ren zu, als er zu­nächst ab­ge­rech­net hatte. Da der Notar die Be­schwer­de aus ei­ge­ner In­itia­ti­ve ein­ge­legt hatte, muss­te er die Ge­richts­kos­ten tra­gen.

Die bis­lang um­strit­te­ne Frage, wie sich der Ge­schäfts­wert bei einem Pflicht­teils­ver­zicht ge­gen­über dem Erst­verster­ben­den von zwei Erb­las­sern be­mes­se, be­ant­wor­tet der BGH da­hin­ge­hend, dass das Ver­mö­gen bei­der Erb­las­ser zu­grun­de zu legen ist (§ 86 Abs. 1 und 2, § 102 Abs. 4 in Ver­bin­dung mit Abs. 1 S. 1 und 2, § 109 Abs. 1 GNotKG).

BGH: Ad­di­ti­on der Werte bei­der Pflicht­teils­ver­zichts­ver­trä­ge

"Der Ge­schäfts­wert der Be­ur­kun­dung eines Pflicht­teils­ver­zichts ge­gen­über dem Erst­verster­ben­den von zwei Erb­las­sern ent­spricht dem ad­dier­ten Wert bei­der Pflicht­teils­ver­zichts­ver­trä­ge", ur­teil­ten die Karls­ru­her Rich­te­rin­nen und Rich­ter. Denn es han­de­le sich bei den hier be­ur­kun­de­ten Pflicht­teils­ver­zichts­ver­trä­gen um meh­re­re Be­ur­kun­dungs­ge­gen­stän­de nach § 86 Abs. 2 GNotKG, deren Werte – vor­be­halt­lich der Aus­nah­me­re­ge­lung in § 109 GNotKG (keine Wert­ad­di­ti­on bei Rechts­ver­hält­nis­sen, die zu­ein­an­der in einem Ab­hän­gig­keits­ver­hält­nis ste­hen) – nach § 35 Abs. 1 Halb­satz 1 GNotKG zu­sam­men­zu­rech­nen sind.

Die Ad­di­ti­on der Werte bei­der Pflicht­teils­ver­zichts­ver­trä­ge, so der Erb­rechts­se­nat, stehe vor allem im Ein­klang mit den Zwe­cken des No­tar­kos­ten­rechts. Wäh­rend das Wert­ge­büh­ren­sys­tem als sol­ches si­cher­stel­le, dass der Ein­zel­ne Ge­büh­ren nur ent­spre­chend sei­ner Leis­tungs­fä­hig­keit zu be­zah­len habe, ge­hö­re zu den wei­te­ren Zie­len des No­tar­kos­ten­rechts die Ge­währ­leis­tung leis­tungs­ge­rech­ter Ge­büh­ren. Dem­nach müsse der Notar bei der Be­ur­kun­dung der Pflicht­teils­ver­zichts­ver­trä­ge mit zwei Erb­las­sern seine Tä­tig­keit auch auf die Pflicht­teils­rech­te nach bei­den Erb­las­sern er­stre­cken – un­ab­hän­gig davon, ob die Ver­zichts­ver­trä­ge auf­lö­send be­dingt seien oder nicht.

BGH, Beschluss vom 11.10.2023 - IV ZB 26/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 7. November 2023.

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