Turnusprüfung beim Notar
Die Amtsgeschäfte eines Notars wurden 2017 vom Landgericht Berlin überprüft: Die Präsidentin des LG leitete ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, weil er unter anderem - ihrer Ansicht nach - in drei Fällen Gelder verwahrt hatte, obwohl kein besonderes Sicherungsinteresse der Beteiligten bestanden hatte. Er erhielt einen Verweis und sollte eine Geldbuße in Höhe von 3.500 Euro zahlen. Das Kammergericht ließ diesen Vorwurf auf seine Anfechtungsklage hin fallen. Die Justizverwaltung verfolgte ihren Anspruch beim Bundesgerichtshof weiter - ohne Erfolg.
Disziplinarstrafe nur bei eindeutigem Pflichtverstoß
Bei der Frage, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse für die Geldhinterlegung besteht, stehe dem Notar ein Beurteilungsspielraum zu, so die Richter. Die Dienstaufsicht könne dabei nicht die Überlegung des Notars durch ihre eigene Bewertung ersetzen, denn er sei in seiner notariellen Tätigkeit unabhängig. Nur in Fällen, in denen er seinen Beurteilungsspielraum ersichtlich nicht ausgeübt oder überschritten habe - etwa bei Verwahrungsvereinbarung in nahezu jedem Grundstücksgeschäft -, komme ein disziplinarisches Einschreiten nach den §§ 95 ff. BNotO in Betracht. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil der Notar in allen drei Fällen einen Grund zur Einrichtung des Anderkontos nachvollziehbar darlegen konnte. Die Berufung wurde deshalb zurückgewiesen.
Verwahrungsgeschäft nur bei berechtigtem Sicherungsinteresse
1996 hatte der Gesetzgeber die bis dahin gängige Praxis, Geschäfte über das Notaranderkonto zu tätigen, abgeschafft: Der Notar soll nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 BeurkG Gelder nur noch dann bei sich hinterlegen lassen, wenn es ein objektives Sicherungsinteresse der Beteiligten hierfür gibt. Der Sinn der Änderung lag dem BGH zufolge darin, die "formularmäßige" kostenpflichtige Geldverwahrung zu beenden - in Zukunft sollte die direkte Abwicklung als Standard eingerichtet werden.
Berechtigtes Sicherungsinteresse
Ein berechtigtes Sicherungsinteresse ist laut den Karlsruher Richtern anzunehmen, wenn eine Absicherung der Beteiligten allein durch die notarielle Verwahrung gewährleistet ist oder sie gegenüber der Direktzahlung zumindest deutlich erleichtert wird. Die Verwahrung müsse also ein "Plus an Sicherheit" bieten: So etwa bei einer freihändigen Grundstücksveräußerung während eines Zwangsversteigerungsverfahrens oder wenn von vornherein Probleme bei der Abwicklung, verbunden mit der Gefahr des Scheiterns des Vertrags, zu erwarten seien.