Neues Spiel, Neues Glück – Verständigung vor Aussetzung des Verfahrens
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Wer in der Hauptverhandlung einen sogenannten Deal schließt, ist daran nicht mehr gebunden, wenn das Verfahren ausgesetzt wird. Der Bundesgerichtshof nutzte die Gelegenheit, seine Rechtsprechung rund um den Deal auszubauen: Ein Geständnis, das im Rahmen einer Verständigung abgegeben wurde, ist nach der Aussetzung des Verfahrens nicht mehr verwertbar. Der Angeklagte sei zu Beginn der neuen Hauptverhandlung darüber zu informieren, dass sich das Gericht nicht mehr an die Absprache gebunden sehe.

Aussetzung der Hauptverhandlung nach Verständigung und Geständnis

In der Hauptverhandlung wegen vielfachen Betäubungsmittelhandels schlossen die Beteiligten einen sogenannten Deal: Sie vereinbarten, dass der mutmaßliche Drogenhändler die Vorwürfe eingesteht und dafür eine Strafe innerhalb eines bestimmten Rahmens erhält. Der Angeklagte erfüllte seinen Part, musste dann aber mitansehen, dass die Hauptverhandlung wegen Krankheit zweier Richter ausgesetzt wurde. Bei Neubeginn des Verfahrens teilte der Vorsitzende mit, dass das Gericht sich nicht mehr an die Verständigung gebunden sehe. Nach einem Teilgeständnis verurteilte das Landgericht Zwickau den Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Dagegen wehrte er sich beim Bundesgerichtshof - ohne Erfolg.

Bindung an Absprache entfallen

Die Aussetzung des Verfahrens führt dem 5. Strafsenat zufolge zum Wegfall der Bindungswirkung des Deals. Zwar gehe das nicht aus § 257c Abs. 4 StPO hervor, weil die Aussetzung hier nicht genannt werde. Der Gesetzgeber habe allerdings zum Ausdruck gebracht, dass die Bindungswirkung nach den allgemeinen Grundsätzen entfalle. Danach gelte eine Absprache nur zwischen den Beteiligten - also könnten auch nur die Richter gebunden werden, die den Deal geschlossen haben. Eine Aussetzung führe zu einem Neubeginn des Hauptverfahrens - und lässt laut den Leipziger Richtern auch die Bindung an die Verständigung entfallen. Darüber sei der Angeklagte auch zu informieren - eine Belehrung darüber hinaus sei aber nicht erforderlich.

Geständnis darf nicht verwertet werden

Entfalle die Bindungswirkung der Verständigung, kann das Gericht dem BGH zufolge das Geständnis nicht verwerten. Das Verwertungsverbot könne zwar nicht aus § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO hergeleitet werden und mangels planwidriger Regelungslücke auch nicht mit einer analogen Anwendung der Vorschrift begründet werden. Die Einlassung sei jedoch im Vertrauen auf die getroffene Absprache erfolgt, und dieses Vertrauen sei verfassungsrechtlich - mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens - zu schützen.

BGH, Beschluss vom 17.02.2021 - 5 StR 484/20

Redaktion beck-aktuell, 4. Juni 2021.