Nachbarwand oder Überbau?
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Der Bundesgerichtshof nutzt einen Nachbarschaftsstreit dazu, die Begriffe "Grenzwand" und "Nachbarwand" im Reihenhaus-Kontext voneinander abzugrenzen. Ein Mann hatte Löcher in eine Außenwand des Nachbargebäudes gebohrt, die aber im Überbau stand. Diesen Sonderfall hätten die Vorinstanzen nicht erkannt.

Eine Markise für die Terrasse

Ein Mann war Mieter einer Wohnung in einem Reihenhaus. Um eine elektrische Markise auf der Terrasse betreiben zu können, installierte er an der Wand zum leicht versetzten Nebenhaus einen Kabelkanal, für dessen Befestigung er Löcher in den Putz bohrte. Beide Häuser besaßen zwar eigenständige Außenmauern, die betroffene Wand gehörte aber nur zum Nachbarhaus und überschritt teilweise die Grundstücksgrenze. Sie ragte gartenseitig über das Areal seines Nachbarn hinaus. Die Aufforderung, die Wand sofort wieder in ihren vorherigen Zustand zu versetzen, ignorierte der Heimwerker. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck wies die Klage ab, das Landgericht München II gab ihr statt. Der Markisenbesitzer wandte sich nun an den BGH – ohne Erfolg.

Grenzwand – Nachbarwand – Wand als Überbau

Der V. Zivilsenat grenzte die obigen Begriffe voneinander ab, da die Anspruchsgrundlage von der richtigen Zuordnung abhängt. Entgegen der Ansicht des LG liegt dem BGH zufolge keine Grenzwand im Sinne des § 921 BGB vor: Eine Grenzeinrichtung in Form eines Gebäudeteils könne nur dann vorliegen, wenn die Wand eine Nachbarwand (auch Kommun- oder halbscheidige Giebelwand genannt) sei. An diese Mauer müsse beidseitig angebaut werden und sie müsse ein wesentlicher Bestandteil nach § 93 BGB beider Gebäude werden. Eine Grenzwand werde aber immer bis an die Grundstücksgrenze gebaut, eine Mauer über die Grenze hinaus könne keine Grenzwand sein.

Betroffene Wand steht im Alleineigentum des Klägers

Da die Außenwände der Gebäude jeweils eigene Mauerschalen besaßen, ist die betroffene Wand laut den Karlsruher Richtern keine Nachbarwand. Dass die Mauer dem Witterungsschutz diene, sei nicht ausreichend für eine solche Einordnung. Vielmehr liege ein Überbau nach § 912 BGB vor, der dazu führe, dass die Mauer im Alleineigentum des Klägers stehe. Dieser habe nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung des Kabelkanals und der Bohrlöcher, da sein Nachbar ohne seine Zustimmung nicht berechtigt war, auf die Wand einzuwirken.

BGH, Urteil vom 12.11.2021 - V ZR 25/21

Redaktion beck-aktuell, 2. Februar 2022.