Vorsicht vor Mithaftung: Müllwagen langsam passieren
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Wer an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifährt, das erkennbar im Einsatz ist, muss sein Fahrverhalten entsprechend einrichten und mit angepasster Geschwindigkeit fahren. Der BGH hat entschieden, dass Passierende nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen dürfen.

Eine Pflegedienstmitarbeiterin wollte mit ihrem Dienstfahrzeug in Gegenrichtung an einem Müllwagen vorbeifahren, der erkennbar im Einsatz war. Dabei kollidierte sie mit einem Müllcontainer, den ein Müllwerker hinter dem Müllwagen quer über die Straße schieben wollte.

Der Pflegedienst verlangte vom beklagten Zweckverband Schadensersatz. Die erstinstanzlich erstrittene Haftungsteilung wurde in der Berufungsinstanz zugunsten der Klägerin auf 75% erhöht. Das OLG (Urteil vom 15.02.2023 - 14 U 111/22) nahm an, der Pflegedienstmitarbeiterin sei keinerlei Verstoß gegen die StVO anzulasten. Hiergegen legte der Zweckverband Revision ein.

Der BGH hat der Revision jetzt stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 77/23).  Grundsätzlich bestehe der Schadensersatzanspruch aus § 7 StVG, da das Fahrzeug der Klägerin "bei dem Betrieb" des Müllabfuhrfahrzeugs beschädigt worden sei. Auch habe das OLG zu Recht einen schuldhaften Verstoß des Müllwerkers gegen § 1 Abs. 2 StVO angenommen. Denn er habe den Müllcontainer hinter dem Müllwagen quer über die Straße geschoben, ohne auf den Verkehr und das Fahrzeug der Klägerin zu achten.

Allerdings sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch der Fahrerin des Pkw ein Verstoß gegen die StVO vorzuwerfen. Wer an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifahre, das erkennbar im Einsatz sei, dürfe nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen und müsse deshalb sein Fahrverhalten entsprechen einrichten. Dies bedeute in der Regel eine vorsichtige Vorbeifahrt mit einer Geschwindigkeit, bei der das Fahrzeug notfalls sofort zum Stehen gebracht werden könne. Dies sei hier nicht erfolgt, sodass noch einmal erneut über die Haftungsverteilung entschieden werden müsse.

BGH, Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 77/23

Redaktion beck-aktuell, ak, 23. Januar 2024.