Neffen mit Mord beauftragt: Anstiftung von Strafunmündigen ist möglich
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Dem Angeklagten, der seinen minderjährigen Neffen aufforderte, die eigene Mutter zu töten, hat seine Revision nicht viel gebracht. Rechtsdogmatisch aber ist der Beschluss, mit dem der BGH begründet, warum eine Anstiftung Strafunmündiger möglich sei, nicht nur für Examenskandidaten ein Muss.

Die Entscheidung, die der BGH drei Tage vor Weihnachten veröffentlichte, ist für die amtliche Sammlung (BGHSt) vorgesehen. Dabei hat die Revision des Angeklagten am Strafausspruch nichts verändert. Das Landgericht Kiel hatte den Angeklagten unter anderem wegen versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft an seiner Schwägerin zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dabei bleibt es auch nach dem Beschluss aus Karlsruhe.

Der Mann hatte seinen minderjährigen Neffen aufgefordert, dessen schlafende Mutter – seine Schwägerin, die vor ihm geflüchtet war - im Frauenhaus mit einem Küchenmesser zu töten. Als Anschauungsmaterial zeigte er dem Jungen ein Video, in dem ein Mann eine andere Person erstach und machte seinem Neffen klar, dass er noch klein sei und dafür nicht bestraft werden könne. Er versprach dem Kind Süßigkeiten, die Rückgabe weggenommener Spielsachen und den Kauf eines Motorrades. Der Junge, der Angst vor seinem Onkel hatte, ging darauf nur zum Schein ein. Mit seiner Revision gegen die Verurteilung wegen versuchten Mordes änderte der Angeklagte am Strafausspruch nichts. Dogmatisch allerdings gab er dem 5. Strafsenat Gelegenheit, sich zu einer seit Langem umstrittenen Frage zu positionieren.

Der Senat hat den Mann anders als das LG nicht wegen versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft, sondern wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt. Und klärte damit erstmalig, dass die Einflussnahme auf einen Strafunmündigen mit dem Ziel, ihn dazu zu bewegen, eine Straftat zu begehen, auch eine Anstiftung sein kann (Beschluss vom 13.09.2023 – 5 StR 200/23) und im einzelnen Fall von der mittelbaren Täterschaft abgegrenzt werden muss.

BGH: Abgrenzung von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft

"Das Veranlassen einer vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat eines Strafunmündigen (kann) (…) auch als bloße Anstiftung zu bewerten sein", urteilten die obersten Strafrichter, die dieses Ergebnis dogmatisch ausführlich herleiten. Bereits der Wortlaut und die Systematik der Regelungen ließen die Anstiftung Schuldunfähiger zu. § 26 StGB setze lediglich eine vorsätzliche rechtswidrige, nicht aber eine schuldhafte Haupttat voraus ("limitierte Akzessorietät").

Als mittelbare Täterschaft ist das Veranlassen der Tat eines Kindes laut dem Senat nur dann anzusehen, wenn dem Veranlassenden die vom Täterwillen getragene objektive Tatherrschaft zukommt, er das Geschehen also in tatsächlicher Hinsicht steuernd in den Händen hält. Ob dies der Fall ist, richte sich "nicht nach starren Regeln, sondern ist im Einzelfall durch wertende Betrachtung des Gesamtgeschehens zu ermitteln". Eine große Rolle spielten aber die Einsicht und Reife des Kindes, seine Möglichkeit also, das Unrecht der Tat einzusehen, die ihm vorgeschlagen wird, und nach dieser Einsicht zu handeln. Zudem stellt der Senat einen Grundsatz auf: Nach § 3 Satz 1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) (Verantwortlichkeit) sei in der Regel davon auszugehen, dass bei Kindern ein Defizit vorliegt, das die Tatherrschaft des Hintermanns begründet.

Für den angeklagten Mann verneinte der BGH mangels Tatherrschaft sowohl ein täterschaftliches Handeln als auch ein unmittelbares Ansetzen zur Tötung der Schwägerin durch die Beeinflussung des Neffen. Der hatte es dem Jungen überlassen, wann und wie er die Tat begehen wolle und habe so selbst das weitere Geschehen nicht beeinflussen können. Es blieb demnach bei einer versuchten Anstiftung zum Mord, am Strafausspruch änderte der Senat aber nichts.

BGH, Beschluss vom 13.09.2023 - 5 StR 200/23

Redaktion beck-aktuell, pl/ns, 21. Dezember 2023.