Missbrauchskomplex Münster: LG muss erneut verhandeln

Das Landgericht Münster muss sich erneut mit dem Missbrauchskomplex Münster beschäftigen. Der Bundesgerichtshof hat der Revision der Mutter eines Opfers erneut stattgegeben. Zwar habe das LG richtig auf Beihilfe durch Unterlassen zum schweren sexuellen Missbrauch erkannt, teilte der BGH am Mittwoch mit. Die Richter hätten aber bei der Strafzumessung Fehler gemacht. Es sei nicht genügend gewürdigt worden, dass die Frau nicht vorbestraft war.

Straffreies Vorleben nicht ausdrücklich strafmildernd angeführt

Das LG Münster hatte die Frau im Oktober 2021 zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Nach einer ersten Revision hatte es das Urteil im Dezember 2022 bestätigt. Hiergegen richtete sich jetzt erneut die Revision der Frau, die in Teilen erfolgreich war. "Das straffreie Vorleben der Angeklagten hat die Strafkammer nicht ausdrücklich strafmildernd angeführt", heißt es in dem Beschluss des BGH. Der Senat könne nicht ausschließen, dass das LG ohne diesen Rechtsfehler eine niedrigere Strafe verhängt hätte. Das LG Münster muss jetzt erneut über die Strafzumessung verhandeln.

Frau wusste nach Überzeugung des LG von Missbrauch

Die Mutter eines der Opfer hatte im Prozess eingestanden, dass sie den Missbrauch durch ihren Freund für möglich gehalten hatte. Sie sei aber nicht in der Lage gewesen, die Beziehung zu dem Haupttäter zu beenden. Nach Überzeugung des LG wusste die Frau, selbst Missbrauchsopfer, von dem schweren sexuellen Missbrauch, hatte aber die Vergewaltigungen nicht verhindert. Der Stiefvater, ein IT-Techniker, galt als Drahtzieher in dem Komplex, der sich um Vergewaltigungen von Kindern in einer Gartenlaube in Münster und anderen Orten in Deutschland dreht. Der Mann wurde im Hauptprozess zu 14 Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Einer von drei großen Missbrauchskomplexen in Nordrhein-Westfalen

Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchskomplexen der vergangenen Jahre im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube ans Licht. Daraufhin gab es Festnahmen in mehreren Bundesländern und im Ausland.

BGH, Beschluss vom 06.06.2023 - 4 StR 133/23

Redaktion beck-aktuell, 28. Juni 2023 (dpa).