Mietpreisbremse: Selbstständige Verjährung der Auskunftsansprüche
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Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch entschieden, wie lange Mieter bei Verdacht auf Verstöße gegen die Mietpreisbremse Auskünfte zur Berechnung der Miethöhe verlangen können. Nach den Grundsatzurteilen gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt allerdings nicht bereits mit Abschluss des Mietvertrages, sondern erst dann, wenn der Mieter zum ersten Mal Auskunft vom Vermieter verlangt. Geklagt hatte – stellvertretend für vier Mieter – der Rechtsdienstleister Conny GmbH (früher Wenigermiete.de). 

In allen vier Verfahren macht die Klägerin Ansprüche der Mieter wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) geltend. Die Mieter wohnen oder wohnten in Berlin in Gebieten, in denen die sogenannte Mietpreisbremse gilt. Diese 2015 eingeführte Regelung begrenzt bei Neuvermietungen die Miete in Gebieten mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt. Die beklagten Vermieter hatten sich geweigert, die aus Sicht der Kläger zu viel entrichtete Miete zurückzuzahlen. Sie hatten es unter anderem aber auch abgelehnt, bestimmte Angaben zu den Wohnungen zu machen und sich dabei auf die jeweils verstrichene Verjährungsfrist zu berufen.

In drei Verfahren sind die Berufungsgerichte (die Zivilkammern 65 und 67 des Landgerichts Berlin) davon ausgegangen, dass der Auskunftsanspruch der Mieter nicht verjährt sei. Ebenso wie der Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB könne der Auskunftsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 3 BGB als Hilfsanspruch nicht vor dem Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete aus § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB als Hauptanspruch verjähren. Demgegenüber hat das Berufungsgericht in einem Verfahren (die Zivilkammer 63 des LG Berlin) eine Verjährung des Auskunftsanspruchs angenommen. Für diesen gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB, die bereits mit dem Abschluss des Mietvertrags zu laufen beginne.

Auskunftsanspruch kann vor Rückzahlungsanspruch verjähren

Der BGH hat jetzt entschieden, dass der Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB selbstständig und unabhängig vom Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) verjährt. Die Verjährungsfrist beginne dabei nicht – wie die Zivilkammer 63 des LG Berlin angenommen habe – mit der Entstehung des Auskunftsanspruchs im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Auskunftsanspruch könne damit – anders als die Zivilkammern 65 und 67 des LG Berlin gemeint haben – auch vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren.

Bei dem Auskunftsanspruch handele es sich zwar um einen Hilfsanspruch zu dem auf Rückzahlung überzahlter Miete gerichteten Hauptanspruch des Mieters, erläuterte der BGH. Er unterscheide sich aber von dem – seitens der Zivilkammern 65 und 67 als Vergleichsmaßstab herangezogenen – Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, der grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch verjährt, dem er dient, maßgeblich dadurch, dass der Gläubiger (Mieter) nicht erst auf der Grundlage der Auskunft in die Lage versetzt wird, seinen Zahlungsanspruch zu verfolgen und durchzusetzen. Der Mieter habe in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB lediglich die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Grundtatbestandes des § 556d Abs. 1 BGB – das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10% bei Mietbeginn – darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Hierfür benötige er die Auskunft des Vermieters, welche nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren, vor allem aber die vom Vermieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände der §§ 556e556f BGB umfasse, in der Regel nicht.

Verjährungsfrist beginnt erst mit Auskunftsverlangen des Mieters

Die für den Auskunftsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) beginnt nach dem Urteil der Karlsruher Richter aber nicht bereits mit dessen Entstehung (Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses), sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Gesetzgeber habe diesen Anspruch als sogenannten verhaltenen Anspruch ausgestaltet, bei dem der Gläubiger (hier der Mieter) die Leistung jederzeit verlangen könne, der Schuldner (hier der Vermieter) die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen müsse. Für diese Einordnung sprechen laut BGH der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ("auf Verlangen des Mieters") sowie der Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, der darin bestehe, ein durch die strukturelle Unterlegenheit auf angespannten Wohnungsmärkten bedingtes Informationsdefizit des Mieters auszugleichen, und schließlich die für verhaltene Ansprüche charakteristische und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter als unbillig empfundene Gefahr einer Anspruchsverjährung infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs.

Vor diesem Hintergrund habe die Revision im Verfahren VIII ZR 375/21 keinen Erfolg und die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung Bestand; das Berufungsgericht habe im Ergebnis zu Recht eine Verjährung des Auskunftsanspruchs abgelehnt. Demgegenüber habe die Revision im Verfahren VIII ZR 8/22 Erfolg und führe zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die inhaltliche Berechtigung des Auskunftsanspruchs. Im Verfahren VIII ZR 125/22 habe die Revision ebenfalls Erfolg; das Berufungsurteil ist laut BGH aufzuheben und die Auskunftsklage in vollem Umfang abzuweisen. Hier stehe dem Auskunftsanspruch des Mieters – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem ersten Auskunftsverlangen des Mieters zu laufen begonnen habe. Im Verfahren VIII ZR 60/22 habe das Berufungsgericht zwar im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Auskunftsanspruch nicht verjährt ist, so der BGH. Die Revision rüge jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin, die Mieterin habe den Auskunftsanspruch an sie abgetreten, in rechtsfehlerhafter Anwendung des § 138 Abs. 2 ZPO als unstreitig behandelt habe. Dies führe auf die Revision der Beklagten insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die erfolgte Abtretung dieses Anspruchs.

Seit 2019 gelten strengere Auskunftspflichten

Die Urteile sind nach Einschätzung des Eigentümerverbandes Haus und Grund vor allem für Mieter wichtig, die ältere Verträge haben, die zwischen 2015 – dem Inkrafttreten der Mietpreisbremse – und 2018 geschlossen wurden. Denn im Jahr 2019 seien die Auskunftspflichten ohnehin verschärft worden. Vermieter müssen seitdem vor Abschluss des Mietvertrages unaufgefordert Auskunft erteilen. Der Deutsche Mieterbund hingegen betonte, dass das davon unabhängige Recht auf Auskunft des Mieters nach wie vor hohe Bedeutung habe. Es gehe weiter als die vorvertragliche Auskunftspflicht. Denn Vermieter müssten einem Mieter auf Verlangen dann genauere und präzisere Auskünfte geben – etwa auch zu den genauen Sanierungsmaßnahmen und den dafür aufgewendeten Kosten, sagte eine Sprecherin.

BGH, Urteil vom 12.07.2023 - VIII ZR 375/21

Redaktion beck-aktuell, Esther Wiemann, 12. Juli 2023 (ergänzt durch Material der dpa).