Maßgeblicher Zeitpunkt für Kenntnis des Käufers von Mängeln bei Grundstückskaufvertrag

Wird der Käufer beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags durch eine vollmachtlose Person vertreten, kommt es für die Kenntnis eines Mangels auf den Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung an. Bis er diese in den Verkehr bringt, muss er neu bekannt gewordene Sachmängel laut Bundesgerichtshof gegen sich gelten lassen. Ansonsten verhielte er sich widersprüchlich.

Exposé enthielt fehlerhafte Flächenangaben

Ein Makler verlangte von einer Bauträgerin die Zahlung einer Maklerprovision von 95.200 Euro. Im März 2019 hatte er ihr im Auftrag einer Kundin ein Grundstück zum Kauf angeboten. Laut Exposé könne im bislang als Bürogebäude genutzten Objekt problemlos eine vermietbare Fläche von circa 1.704 qm für Studenten entstehen. Zudem gebe es ein 153 qm großes Hinterhofgebäude. Im April 2019 wurde der Kauf notariell beurkundet, wobei für die Eigentümerin und die Bauträgerin vollmachtlose Vertreter auftraten. Eine Sachmängelhaftung war ausgeschlossen. Nachdem die Kundin den Vertrag genehmigt hatte, ließ der Geschäftsführer der Bauträgerin seine Bewilligung am 15.04.2019 notariell beglaubigen. Spätestens am 06.05.2019 erfuhr sie, dass die Flächenangaben fehlerhaft waren (vermietbare Wohnfläche 1.412 qm, Fläche des Hinterhofgebäudes 55,27 qm). Erst am 29.05.2019 schickte sie das Dokument dem beurkundenden Notar und meldete einen Vorbehalt bezüglich unzutreffender Flächenangaben an. Die Beklagte forderte widerklagend von Kläger und Verkäuferin unter anderem Schadensersatz von 342.000 Euro. Sowohl beim LG Nürnberg-Fürth als auch beim dortigen OLG bekam der Makler Recht. Die (Dritt-)Widerklage misslang, da die fehlerhaften Flächenangaben nicht kausal für den Abschluss des Kaufvertrags gewesen seien. Ein bereits am 15.04.2019 erfolgter Zugang der notariell beglaubigten Genehmigung über einen Messengerdienst, auf den sich die Beklagte berufe, sei unzureichend. Die Revision beim BGH hatte keinen Erfolg.

Zeitpunkt der Genehmigungserklärung des Käufers ist entscheidend

Der V. Zivilsenat stimmte dem OLG im Ergebnis zu. Die Ansprüche der Bauträgerin scheiterten daran, dass sie vor Übersendung der notariell beglaubigten Genehmigungserklärung an den beurkundenden Notar von den Flächenabweichungen Kenntnis erlangt habe. Dies sei allerdings keine Frage der Kausalität, sondern ergebe sich aus § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels, den er bei Vertragsschluss kennt, ausgeschlossen. Da die Bauträgerin bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten wurde, ist für ihre Kenntnis vom Mangel der Zeitpunkt der abgegebenen Genehmigungserklärung erheblich, betonten die obersten Bundesrichter. Solange sie diese nicht in den Verkehr gebracht habe, müsse sie neu gewonnene Kenntnisse über Mängel gegen sich gelten lassen. Aus der Urkunde gehe hervor, dass der Vertrag bis zum Eingang der Genehmigungen in öffentlich beglaubigter Form schwebend unwirksam sei. Die Beklagte habe ihn in Kenntnis des Mangels zustande kommen lassen, obwohl sie das hätte verhindern können. Damit habe sie sich widersprüchlich verhalten. Sie könne nicht sehenden Auges einen mangelhaften Gegenstand kaufen, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen, monierten die Bundesrichter. Etwaige Rechte der Bauträgerin seien ausgeschlossen. Sie habe zwar am 15.04.2019 die Genehmigungserklärung notariell beglaubigen lassen, diese aber erst am 29.05.2019 dem beurkundenden Notar übersandt. Die vor der Übersendung inzwischen erlangte Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes müsse sie daher gegen sich gelten lassen.

BGH, Urteil vom 06.05.2022 - V ZR 282/20

Redaktion beck-aktuell, 11. Juli 2022.