Luftverkehrsunternehmen musste für Fluggast ohne Visum Bußgeld zahlen
Der Beklagte buchte im Frühjahr 2015 über die Internetseite der Klägerin einen Flug nach Indien. Da er bei seiner Ankunft in Indien nicht über das für die Einreise erforderliche Visum verfügte, verhängten die indischen Behörden gegen die Klägerin ein Bußgeld in Höhe von 100.000 Rupien (zum Zahlungszeitpunkt umgerechnet etwa 1.415 Euro). Hierfür verlangt diese vom Beklagten Ersatz. Das Amtsgericht hatte der Klage überwiegend stattgegeben. Nur hinsichtlich eines zusätzlich eingeklagten Bearbeitungsentgelts von 50 Euro hatte es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten hatte auch keinen Erfolg, sodass dieser Revision einlegte.
BGH: Reise ohne notwendiges Visum stellt Pflichtverletzung des Fluggastes dar
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zwar habe das Berufungsgericht zu Recht angenommen, das dem Beklagten die vertragliche Nebenpflicht oblag, den Flug nicht ohne die für eine Einreise nach Indien erforderlichen Dokumente, insbesondere nicht ohne das erforderliche Visum anzutreten. Allerdings habe das Berufungsgericht unzutreffend angenommen, ein Mitverschulden der Klägerin bei der Entstehung des Schadens komme nicht in Betracht, weil diese dem Beklagten gegenüber nicht zur Kontrolle seiner Einreisedokumente verpflichtet gewesen sei.
Luftverkehrsunternehmen kann aber Mitverschulden zuzurechnen sein
Die Annahme eines Mitverschuldens (§ 254 BGB) setze keine Rechtspflichtverletzung voraus, so der BGH weiter. Vielmehr genüge eine zurechenbare Mitwirkung bei der Schadensentstehung in Form eines Verstoßes gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung. Eine solche Mitverursachung komme im Streitfall in Betracht. Die indischen Behörden hätten der Klägerin das Bußgeld auferlegt, weil diese gegen ihre eigene rechtliche Verpflichtung verstoßen habe, keinen Fluggast ohne das für eine Einreise nach Indien erforderliche Visum zu befördern.
Fluggesellschaft muss Vorhandensein der notwendigen Dokumente überprüfen
Die Klägerin sei vor diesem Hintergrund im eigenen Interesse gehalten, vor dem Abflug in geeigneter Weise zu überprüfen, ob sich der Beklagte im Besitz der notwendigen Dokumente befindet. Der Mitverschuldenseinwand sei durch ihre Beförderungsbedingungen, die nur die Pflicht des Fluggastes zur Mitführung der notwendigen Reisedokumente wiedergeben, nicht ausgeschlossen. Da das Berufungsgericht zu Art und Schwere der wechselseitigen Ursachenbeiträge bislang keine Feststellungen getroffen habe, sei die Sache nicht zur Endentscheidung reif.