LG Heilbronn muss "Hang" eines Vergewaltigers zu Alkohol erneut prüfen

Das LG Heilbronn muss erneut prüfen, ob ein Verurteilter in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Das LG habe einen "Hang" nicht mit der Argumentation verneinen dürfen, dass der Mann keine physische Alkoholabhängigkeit erreicht habe, rügte der BGH.

Das Landgericht hatte den Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren unter anderem wegen mehrfacher, teils besonders schwerer Vergewaltigung seiner Freundin, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilt. Der Mann hatte seine sexuelle Erregung mit massiven Faustschlägen und durch kräftige Schläge mit einem Nudelholz in den Genitalbereich der Frau gesteigert. 

Die vier Taten zu Lasten seiner Freundin beging der Mann unter Alkoholeinfluss. In den ersten drei Fällen habe er jeweils eine halbe Flasche Gin oder Wodka getrunken. Bei seiner Festnahme habe er mehr als zwei Promille Alkohol im Blut gehabt. Seit Anfang 2022 habe er jeweils zum Wochenende eine Flasche Wodka oder Gin getrunken. 

Abhängigkeit für "Hang" nicht erforderlich

"Angesichts dieser Umstände, die eine soziale Gefährdung durch regel- und übermäßigen Alkoholkonsum nahelegen, hätte sich das Landgericht nicht mit der Wertung begnügen dürfen, der Angeklagte habe nicht einmal sicher die Vorstufe einer Alkoholabhängigkeit erreicht", rügte der BGH. 

Für einen Hang sei "eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren". Diese müsse nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben. Übermäßiger Genuss von Rauschmitteln sei schon dann anzunehmen, wenn der Betroffene wegen seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheine, hieß es. "Es kann genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit Rauschmittel im Übermaß konsumiert." 

Das LG muss nun über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neu entscheiden. Die weitergehende Revision verwarf der BGH als unbegründet.

BGH, Beschluss vom 11.07.2023 - 1 StR 192/23

Redaktion beck-aktuell, 10. August 2023 (dpa).

Mehr zum Thema