Krankheitsvertretung: Kein Grund eigenen Termin zu verpassen

Verpasst ein Anwalt einen Einspruchstermin gegen ein Versäumnisurteil, weil er für einen kranken Kollegen vorher noch in anderthalb Stunden Entfernung zwei unwichtige Gerichtsverhandlungen wahrnimmt, handelt er schuldhaft. Auf eine Verlegung des Einspruchstermins durfte er laut BGH nicht vertrauen.

Beim LG Aachen stand eine weitere Verhandlung in einer Kaufsache an. Nachdem bereits beim ersten Termin ein Versäumnisurteil gegenüber dem Käufer ergangen war, stand beim neuen Termin am 09.12.2022 um 13 Uhr ein zweites Versäumnisurteil im Raum. Am Tag der Verhandlung fuhr der Anwalt für einen erkrankten Kollegen wegen zwei kleinerer Angelegenheiten mit Terminen um 11.00 Uhr und 11.15 Uhr noch zum Amts- und Landgericht nach Essen. In einer Sache sollten lediglich Anträge gestellt werden und beim anderen Fall wollte man sich kurz eine Videoaufzeichnung ansehen. Da sich die Verhandlungen verzögerten, versäumte er den Termin im anderthalb Stunden entfernten Aachen.

Das daraufhin vom LG erlassene zweite Versäumnisurteil hielt auch beim OLG Köln, wo man sich fragte, warum der Krankheitsvertreter die Termine in Essen nicht einfach hatte verlegen lassen. Denn schon bei Beginn der zweiten Verhandlung um 11.30 Uhr in Essen habe dieser nicht mehr von seiner rechtzeitigen Ankunft in Aachen ausgehen können. Auch habe er nicht dargelegt, warum er gegenüber dem Gericht in Essen nicht zumindest auf die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Abreise hingewiesen habe. Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig (Urteil vom 30.1.2024 – VIII ZB 47/23).

Die Richterinnen und Richter des für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenats warfen dem Anwalt vor, keinen ausreichenden Grund für die Verzögerung angebracht zu haben. Man könne grundsätzlich bei der Planung nicht davon ausgehen, dass alle Gerichtstermine pünktlich anfangen und rechtzeitig enden würden. Die Kollision zumindest der zweiten Verhandlung mit der eigenen Sache sei absehbar gewesen. Auf eine Verlegung des Einspruchstermins zugunsten der Sachen aus Essen konnte er nach Ansicht des BGH nicht vertrauen: Er habe nicht vorgetragen, warum die anderen Verfahren hier Vorrang hätten haben sollen. Die Tatsache, dass er nur als Krankheitsvertreter eingesprungen sei, und der selbst vorgetragene geringe Umfang der Sachen spreche vielmehr gegen einen solchen Vorrang.

BGH, Beschluss vom 30.01.2024 - VIII ZB 47/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 21. März 2024.