Kos­ten­er­stat­tung für An­walt am drit­ten Ort

Be­auf­tragt man einen Rechts­an­walt, der weder am ei­ge­nen Ort noch am Pro­zes­sort an­säs­sig ist, sind des­sen Rei­se­kos­ten grund­sätz­lich nur dann er­stat­tungs­fä­hig, wenn seine Hin­zu­zie­hung not­wen­dig ist. Be­jaht das Ge­richt diese Not­wen­dig­keit, kann es seine tat­säch­lich an­ge­fal­le­nen Rei­se­kos­ten laut Bun­des­ge­richts­hof nicht re­du­zie­ren. Die Kos­ten eines Ter­mins­ver­tre­ters seien in der Regel dann zu er­stat­ten, wenn sie die er­spar­ten Fahrt­kos­ten nur um bis zu zehn Pro­zent über­stie­gen.

Kos­ten­er­stat­tung für un­ter­be­voll­mäch­tig­ten An­walt

Eine Mün­che­ner Lea­sing­ge­sell­schaft mach­te gegen einen ehe­ma­li­gen Ver­trags­part­ner vor dem Land­ge­richt Mün­chen I noch An­sprü­che aus einem be­en­de­ten Lea­sing­ver­trag gel­tend. Sie be­auf­trag­te dazu eine Köl­ner Rechts­an­walts­kanz­lei. Zum Ge­richts­ter­min er­schien aber für die Klä­ge­rin ein un­ter­be­voll­mäch­tig­ter An­walt aus Fürs­ten­feld­bruck. Da der Be­klag­te nicht ver­tre­ten wurde, er­ging ein Ver­säum­nis­ur­teil gegen ihn, das auch rechts­kräf­tig wurde. Für die Ter­mins­ver­tre­tung ver­lang­te die Klä­ge­rin die Er­stat­tung der Kos­ten des Be­voll­mäch­tig­ten in Höhe von knapp 390 Euro. Das Land­ge­richt be­wil­lig­te nur Kos­ten in Höhe der fik­ti­ven Rei­se­kos­ten eines An­walts am äu­ßers­ten Rand des Mün­che­ner Ge­richts­be­zirks und die Ab­we­sen­heits­pau­scha­le. Eine so­for­ti­ge Be­schwer­de zum Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen führ­te zu kei­nem po­si­ti­ve­ren Er­geb­nis. Erst die Rechts­be­schwer­de zum Bun­des­ge­richts­hof war er­folg­reich.

War die Hin­zu­zie­hung eines An­walts am drit­ten Ort not­wen­dig?

Wenn das Ge­richt es für not­wen­dig er­ach­tet, einen aus­wär­ti­gen An­walt nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO hin­zu­zie­hen, sind des­sen Kos­ten den Karls­ru­her Rich­tern zu­fol­ge in vol­ler Höhe zu er­stat­ten. Eine Be­gren­zung auf die fik­ti­ven Rei­se­kos­ten eines An­walts, der am äu­ßers­ten Rand des Mün­che­ner Ge­richts­be­zirks re­si­diert, sei nicht zu­läs­sig. Für den Un­ter­be­voll­mäch­tig­ten gelte in­so­weit nichts an­de­res, wenn da­durch ver­gleich­ba­re Rei­se­kos­ten des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten er­spart wür­den. Eine ge­son­der­te Prü­fung, ob im Ein­zel­fall auch ein orts­an­säs­si­ger An­walt den Ver­hand­lungs­ter­min hätte wahr­neh­men kön­nen, fin­det laut dem VIII. Zi­vil­se­nat aus prak­ti­schen Grün­den nicht statt: Man könn­te in na­he­zu jedem Fall darum strei­ten, ob die Kos­ten zu er­stat­ten seien oder nicht.

Prü­fungs­schrit­te

Der BGH hob die Ent­schei­dung des OLG des­halb auf und ver­wies die Sache zu­rück, damit fest­ge­stellt wer­den kann, wie hoch die Rei­se­kos­ten der Köl­ner An­wäl­te ge­we­sen wären. Sei die Hin­zu­zie­hung eines An­walts am drit­ten Ort not­wen­dig, seien seine ei­ge­nen Rei­se­kos­ten grund­sätz­lich zu er­stat­ten. Für den Un­ter­be­voll­mäch­tig­ten seien die Kos­ten nur dann zu er­stat­ten, wenn sie den Rei­se­kos­ten des Köl­ner Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten ent­spre­chen. Dabei weist der BGH dar­auf hin, dass eine we­sent­li­che Über­schrei­tung in der Regel nur dann an­zu­neh­men sei, wenn die Ge­büh­ren die Fahrt­kos­ten um mehr als zehn Pro­zent über­stei­gen.

BGH, Beschluss vom 30.08.2022 - VIII ZB 87/20

Redaktion beck-aktuell, 21. November 2022.

Mehr zum Thema