Konkludente Rechtswahl bei Ehegattentestament

Maßstab für die Bestimmung, ob konkludent für ein Testament das Recht eines bestimmten Landes gewählt wurde, ist allein das Unionsrecht. Insofern kommt es laut Bundesgerichtshof bei der Zuordnung eines Berliner Testaments einer Deutschen und ihres österreichischen Ehemanns nicht auf die strengeren deutschen Auslegungsregeln an. Für eine konkludente Wahl deutschen Rechts nach EU-Recht sprächen die verwendeten deutschen Fachbegriffe und Rechtsinstitute.

Deutsch-österreichisches Ehepaar verfasst Berliner Testament

Mehrere Erben eines deutsch-österreichischen Ehepaars lagen im Streit über die Erbfolge. Die kinderlose Erblasserin war deutsche Staatsangehörige und wohnte mit ihrem Ehepartner, einem Österreicher, seit 1995 in Bad Reichenhall (Bayern). Im März 1996 verfassten sie in zwei getrennten Urkunden als "Gemeinschaftliches Testament" überschriebene Schriftstücke. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und benannten als Schlusserben die Schwester der Frau sowie deren drei Kinder. Sie hielten auch fest, dass die Erklärungen wechselseitig verbindlich sein sollten. Der Mann verstarb 2003. Ende 2013 vererbte seine Witwe ihr "Haus und Inventar" sowie ihr "Barvermögen" an zwei neue Personen. Bereits Ende 2011 hatte sie testamentarisch angeordnet, dass eine der neuen Erben nach ihrem Tod 30.000 Euro und diverse Möbelstücke erhalten solle.

OLG: Ehepaar hat übereinstimmend konkludent deutsches Recht gewählt

Nach dem Tod der Frau 2017 beantragten die neuen Erben die Erteilung eines Erbscheins. Das AG Laufen wies den Antrag zurück. Ihre Beschwerde scheiterte vor dem OLG München, da nach deutschem Recht die Bindungswirkung des Testaments von 1996 den späteren Verfügungen der Erblasserin entgegenstehe. Dagegen legten sie Rechtsbeschwerde ein – ohne Erfolg.

BGH: Spezifische Begriffe oder Rechtsinstitute der Rechtsordnung entscheidend

Aus Sicht der Karlsruher Richter findet auf das gemeinschaftliche Testament vom März 1996 deutsches Recht Anwendung. Dabei habe das OLG richtig erkannt, dass nach deutschen Maßstäben die Urkunde für eine stillschweigende Wahl nicht aussagekräftig genug sei. Anders sähe dies bei einer Auslegung nach Europarecht aus – welches die Münchener Richter korrekterweise herangezogen hätten. In der EuErbVO sei eine eigenständige Definition mit Auslegungsregeln geschaffen worden, die dem nationalen Recht vorgehe. Für die konkludente Wahl einer bestimmten nationalen Rechtsordnung nach Art. 22 Abs. 2 EuErbVO kann dem IV. Zivilsenat zufolge insbesondere sprechen, wenn der Erblasser Begriffe oder Rechtsinstitute benutzt, die gerade für diese Rechtsordnung spezifisch sind: Die Deutsche und ihr Ehemann hatten in dem Erbvertrag unter anderem den Begriff der Schlusserben verwendet, der im deutschen Recht anerkannt ist, im österreichischen Recht hingegen unbekannt ist. Eine Bindung des überlebenden Partners an ein Testament setze dort auch eine Beurkundung voraus.

BGH, Beschluss vom 24.02.2021 - IV ZB 33/20

Redaktion beck-aktuell, 11. März 2021.