Körperverletzung mit Todesfolge – Zurechenbarkeit eines Exzesses
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Verabreden sich Personen dazu, jemanden mit einem Knüppel zu verprügeln, werden sie im Grundsatz nicht für den Tod des Opfers durch Messerstiche bestraft. Der Bundesgerichtshof lehnt die Zurechnung für die schwere Folge ab, wenn die Täter nicht wussten, dass ein Dritter ein Messer bei sich führte. Die tödlichen Stiche seien nicht vom Tatplan umfasst gewesen, sondern stellten sich als "Exzess" des unbekannten Täters dar.

Für Schmach und Schande bestrafen

Ein Mann weigerte sich, eine vermeintliche Geldforderung zu begleichen. Auch in einer handgreiflichen Auseinandersetzung konnte er nicht überzeugt werden – vielmehr brach er seinem Widersacher mit einem Sandhandschuh die Nase. Als sein Bruder es dann auch noch ablehnte, ein "Blutgeld" für diese Verletzung zu leisten, war die Kränkung des Unterlegenen groß. Er verabredete sich mit mindestens zwei weiteren Personen, um den säumigen Schuldner zu bestrafen und ihn mit einem rundlichen Werkzeug ordentlich zu verprügeln. Die Angeklagten lockten den Mann vor die Tür und droschen auf ihn ein, wodurch er eine Riss-Quetsch-Wunde am Kopf und zahllose Hämatome an den Armen erlitt. Plötzlich zückte ein (unbekannt gebliebener) Angreifer ein Messer und brachte dem Opfer 20 Stich- und Schnittverletzungen bei, an denen es binnen Kurzem verblutete. Die Messerattacke war von dem Plan der Angeklagten nicht umfasst. Das Landgericht Bielefeld verurteilte die beiden Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu Freiheitsstrafen von sieben und achteinhalb Jahren. Beide wehrten sich dagegen vor dem BGH – mit Erfolg.

Tod ist Angeklagten nicht zurechenbar

Für die Verursachung der Todesfolge durch die Körperverletzung gelte nach § 227 StGB in Verbindung mit § 18 StGB, dass sie zumindest fahrlässig durch die Körperverletzung herbeigeführt werden muss. Entgegen der Ansicht des LG seien die Messerstiche nicht als fahrlässig herbeigeführte Folge der gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung zu bewerten, so der BGH. Sie seien den beiden Angeklagten nicht zurechenbar, weil sie nicht vom Tatplan umfasst waren, sondern sich als "Exzess" des unbekannten Täters darstellten. Der geplanten Schlägerei habe kein spezifisches Todesrisiko angehaftet und die Täter haben dem 4. Strafsenat zufolge auch nicht damit rechnen müssen, dass das Opfer plötzlich mit einem Messer traktiert wird. Die Feststellungen des LG ließen auch keine anderen Umstände erkennen, die die Möglichkeit einer tödlichen Eskalation nahelegten. Die Karlsruher Richter verwiesen die Sache zurück.

BGH, Beschluss vom 07.07.2021 - 4 StR 141/21

Redaktion beck-aktuell, 3. August 2021.