BGH verhandelte über Verjährungsfrage in Diesel-Verfahren

Tausende Diesel-Kläger haben erst Jahre nach dem Auffliegen des Abgasskandals Schadenersatz von VW gefordert - seit 13.07.2021 klärt der Bundesgerichtshof, ob sie möglicherweise zu lange gewartet haben. Das Karlsruher Urteil, das in den nächsten Wochen verkündet wird, wird wegweisend für die allermeisten Klagen, die erst 2019 oder noch später erhoben wurden. Nach Auskunft von Volkswagen betrifft das rund 20.000 Verfahren.

Streit um Verjährung von Ansprüchen

VW hatte in Millionen Diesel-Fahrzeugen mit dem Motor EA189 heimlich eine Betrugssoftware eingesetzt, die in Behördentests verschleierte, dass eigentlich zu viele Schadstoffe ausgestoßen wurden. Die Manipulationen waren erst im September 2015 ans Licht gekommen. Im vorliegend verhandelten Fall aus Sachsen-Anhalt hatte das Oberlandesgericht Naumburg zuletzt entschieden, dass die Ansprüche verjährt seien, weil der Kläger trotz Kenntnis der Umstände zu spät Klage erhoben habe. Durch die breite Medienberichterstattung sei 2015 bereits alles öffentlich bekannt gewesen, was der Kläger hätte wissen müssen, um rechtzeitig Klage zu erheben.

BGH sieht keine grundsätzliche Pflicht zur Verfolgung der Berichterstattung

Der Vorsitzende BGH-Richter Stephan Seiters deutete an, dass damit noch nicht erwiesen sei, dass der Kläger dies auch mitbekommen habe. Niemand sei verpflichtet, die Berichterstattung zu verfolgen. Zu einem zweiten Punkt hatten sich die Richterinnen und Richter in ihren Vorberatungen noch keine abschließende Meinung gebildet. Der Kläger hatte sich zeitweise zur Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentralen gegen VW angemeldet, um die Verjährung seiner Ansprüche zu verhindern. Später meldete er sich wieder ab und klagte selbst. VW-Anwalt Reiner Hall sprach von einem “Massenphänomen“: Die auf Diesel-Fälle spezialisierten Kanzleien hätten so Zeit geschunden, um der von ihnen befeuerten Klageflut Herr zu werden. Die Frage ist, ob das ein zulässiger Kniff war oder Rechtsmissbrauch.

Redaktion beck-aktuell, 13. Juli 2021 (dpa).