Kindesunterhalt: Bei Wechselmodell können beide Eltern Teilansprüche gegeneinander geltend machen

Betreuen unverheiratete, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern ihre Kinder in einem Wechselmodell, können laut BGH beide im Namen der Kinder Unterhaltsteilansprüche gegen den jeweils anderen Elternteil geltend machen. Weder sei ein Ergänzungspfleger noch eine Entscheidung nach § 1628 BGB erforderlich.

Ein Vater machte für seine minderjährigen Kinder Unterhalt gegen deren Mutter geltend, mit der er gemeinsam sorgeberechtigt, aber nicht verheiratet ist. Nach der von ihnen getroffenen Umgangsregelung teilen sie die Betreuung der Kinder an den Wochenenden und in den Schulferien hälftig auf. Ansonsten sind die Kinder an sieben Tagen im Monat bei der Mutter, die übrige Zeit beim Vater. Beim AG und beim OLG blieb der Vater ohne Erfolg: Sie sahen ihn nicht befugt, die Kinder zu vertreten. Das OLG sah in der Aufteilung der Kinderbetreuung ein Wechselmodell und verneinte daher eine Vertretungsbefugnis des Vaters nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB, weil sich die Kinder nicht in seiner Obhut befinden.

Das sah der BGH anders und verwies die Sache zurück (Beschluss vom 10.04.2024 XII ZB 459/23). Der Vater sei befugt, im Namen der Kinder Unterhalt gegen die Kindesmutter geltend zu machen. Dem Vater fehle nicht nach § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB die Vertretungsbefugnis. Denn sei bei unverheirateten, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ein Elternteil von der gesetzlichen Vertretung des Kindes ausgeschlossen (die Mutter wegen Insichprozesses), bleibe der andere, vom Ausschlussgrund selbst nicht betroffene Elternteil vertretungsbefugt. Er könne das Kind dann allein vertreten. Der BGH bekräftigt damit seine neuere Rechtsprechung. Diese sei auch bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen für das Kind anzuwenden.

Bei Wechselmodell beide vertretungsbefugt

Auch § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB als besondere Regelung für die Vertretung bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sieht der BGH der Vertretungsbefugnis des Vaters nicht entgegenstehen. Danach könne der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Ihm kommt dann laut BGH die alleinige Vertretungsbefugnis für den Kindesunterhalt zu. Darauf, ob im Streitfall die Kinder in der Obhut des Vaters seien oder im Wechselmodell betreut würden, komme es aber nicht an, da er in beiden Fällen vertretungsbefugt sei.

Denn fehle es an der alleinigen Obhut, insbesondere wenn die Eltern ein Wechselmodell praktizieren, seien – entsprechend der neueren Rechtsprechung des Senats – beide Elternteile vertretungsberechtigt. Jeder der unverheirateten Elternteile könne in diesem Fall den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil als gesetzlicher Vertreter des Kindes geltend machen. Weder müsse dann ein Ergänzungspflegers bestellt werden noch sei eine Teilübertragung des Sorgerechts nach § 1628 BGB erforderlich, entschied der Senat in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung.

Der BGH räumt ein, dass es in gewissem Umfang zu einer Interessenkollision zwischen dem jeweiligen vertretenden Elternteil und Kind kommen könne, wenn beide Elternteile gleichzeitig für das Kind Unterhalt gegen den jeweils anderen gelten machen. Dies werde aber vom Gesetz grundsätzlich hingenommen.

BGH, Beschluss vom 10.01.2024 - 2 StR 171/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 31. Mai 2024.