Keine Wiederholung der Angriffs- und Verteidigungsmittel notwendig

Es ist unnötig, in jeder weiteren Instanz eines Rechtsstreits gebetsmühlenartig zu wiederholen, was bereits Prozessstoff der vorherigen Instanz war. Dieser oft geübten Praxis hat der Bundesgerichtshof nun mit Beschluss vom 19.5.2020 im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde einen Riegel vorgelegt: Ein Berufungsurteil, das wegen Präklusion des bereits bekannten Beklagtenvortrags der Klage stattgab, hatte in Karlsruhe keinen Bestand.

Kopfverletzung auf dem Volksfest

Der Kläger hatte auf einem Volksfest eine Flasche auf den Kopf bekommen und verlangte vom Beklagten hierfür Schadensersatz. Der mutmaßliche Täter behauptete aber, zur Zeit der Verletzung überhaupt nicht mehr auf dem Fest gewesen zu sein. Das Landgericht Zweibrücken hörte Zeugen und wies dann die Klage ab, weil sich die Täterschaft nicht beweisen lasse. 

Verteidigungsvortrag in Berufung kam zu spät

Auf die Berufung des Verletzten sendete der Beklagte die Erwiderung erst nach der vom OLG Zweibrücken gesetzten Frist. Das Gericht berücksichtigte seine Verteidigungsschrift nicht mehr (Präklusion nach § 296 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 530, 521 Abs. 2 ZPO), sondern betrachtete den Vortrag des Verletzten als zugestanden und gab dem Kläger recht. Dagegen wehrte sich der mögliche Täter mit der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof.

BGH: Wiederholtes Vorbringen unnötig

Wenn eine Partei in der ersten Instanz einen Sachverhalt darlegt und dieses Vorbringen nicht zurückgewiesen wird, muss sie es in der zweiten Instanz nicht ausdrücklich noch einmal tun. Vielmehr wird das Geschilderte automatisch Prozessstoff der Berufungsinstanz. Indem das Berufungsgericht das erstinstanzliche Vorbringen nicht berücksichtigte, verletzte es auch das rechtliche Gehör des Beklagten nach Art. 103 Abs. 1 GG, so der BGH.

BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - VI ZR 171/19

Redaktion beck-aktuell, 14. Juli 2020.