Keine Wiedereinsetzung bei Anschlussberufung
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Wird die Frist zur Einlegung der Anschlussberufung versäumt, gibt es keine Wiedereinsetzung. Der Bundesgerichtshof hat erstmals entschieden, dass auch keine analoge Anwendung der Regeln über die Wiedereinsetzung in Betracht kommt. Die in § 233 ZPO aufgezählten Fristen seien abschließend.

Freie Werkstatt

Der Betreiber einer freien Werkstatt wehrte sich gegen die schleppende Lieferung von Ersatzteilen. Er reparierte in Autos eingebaute Elektrogeräte und bezog die Teile von einer Tochterfirma der Herstellerin. Diese reparierte auch selbst und hatte bereits versucht, ihn ganz von der Versorgung abzuschneiden. Nachdem ihr dies gerichtlich untersagt worden war, verpflichtete sie sich 2007 zur Lieferung von Bauteilen und technischen Informationen. In einer Reihe von Fällen war die Firma aus Sicht des Werkstattinhabers diesen Verpflichtungen aber nur verzögert oder gar nicht nachgekommen. Die versprochene Vertragsstrafe von 5.000 Euro pro Fall gewährte ihm das LG München I für zwei Verstöße. Das dortige OLG sprach ihm Schadensersatz für fünf Zuwiderhandlungen zu. Allerdings sei nicht nachgewiesen worden, dass das Unternehmen erforderliche technische Informationen zurückgehalten habe. Die Anschlussberufung der Lieferantin verwarf es wegen eines Anwaltsverschuldens als unzulässig. Dieser Teil der Entscheidung hatte beim BGH im Ergebnis Bestand.

Gesetzlich ausgeschlossen

Der VIII. Zivilsenat beschäftigte sich allerdings nicht mit den Überlegungen des OLG München zu einem Anwaltsverschulden. Das Gericht habe übersehen, dass eine Wiedereinsetzung gegen eine versäumte Frist bei der Anschlussberufung schon vom Gesetz her ausgeschlossen sei. Die Vorschriften der §§ 233 ff. ZPO seien nur auf Notfristen anwendbar – worum es sich bei der Frist zur Einlegung der Anschlussberufung nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht handle. Die Karlsruher Richter halten fest, dass die Norm sich lediglich auf eine gerichtlich gesetzte Frist zur Berufungserwiderung bezieht, die von § 233 ZPO nicht erfasst wird.

Keine Analogie

Der VIII. Zivilsenat lehnt auch eine analoge Übertragung ab. Damit beantwortet er eine bisher vom BGH offengelassene und in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage. Schon bei Entstehung der ZPO sei die Anwendung der Wiedereinsetzung aus Gründen der Rechtssicherheit bewusst auf einen engen Bereich begrenzt worden. Weder praktische noch verfassungsrechtliche Gründe erfordern nach Ansicht der Bundesrichter eine Ausdehnung. Die Lage eines Berufungsbeklagten sei auch nicht mit der eines Berufungsklägers vergleichbar.

Gehörsverletzung

Die teilweise Abweisung der Klage führte hingegen zur Zurückverweisung. Die Werkstatt habe im Einzelnen dargelegt, warum Kenntnisse über die Funktionsweise für die Reparatur notwendig gewesen wären. Diese Angaben habe das OLG ignoriert.

BGH, Beschluss vom 25.01.2022 - VIII ZR 359/20

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 16. März 2022.

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