Keine unnötige Verzögerung bei Abschiebung

Ausländerbehörden haben einen organisatorischen Spielraum für Planänderungen bei Abschiebungen. Darunter fällt laut Bundesgerichtshof auch die Umbuchung eines ursprünglich für eine bestimmte Person geplanten Flugs, sofern innerhalb der Überstellungsfrist ein möglichst zeitnaher neuer Termin festgelegt wird. In diesem Fall dürfe die Haft dann auch verlängert werden.

Iranerin verlangt Asyl

Eine iranische Staatsangehörige war im April 2017 von Frankreich aus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Ihren Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Juni 2017 als unzulässig ab und ordnete ihre Überstellung ins Nachbarland an. Ihren Eilantrag wies das Verwaltungsgericht im März 2018 zurück. Eine für September 2018 geplante Überstellung der Betroffenen scheiterte daran, dass sie nicht in ihrer Unterkunft angetroffen wurde und ihr Aufenthaltsort nicht ermittelt werden konnte. Am 25.05.2019 wurde sie schließlich festgenommen. Das AG Ingolstadt ordnete Haft zur Sicherung der Rücküberstellung nach Frankreich bis längstens 25.06.2019 an. Nachdem das Amt einen für den 12.06.2019 gebuchten Rücküberstellungsflug aus organisatorischen Gründen und neun Tage später einen weiteren Flug wegen Selbstverletzung der Frau abgesagt hatte, ordnete das Amtsgericht per einstweiliger Anordnung Haftverlängerung bis längstens 28.06.2019 an. Am 27.06.2019 ordnete es weitere Sicherungshaft bis längstens 30.07.2019 an. Die Beschwerde der Iranerin scheiterte beim LG Ingolstadt, da die Behörde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt habe, warum die weitere Sicherungshaft erforderlich sei. Am 26.07.2019 wurde die Frau überstellt. Auch die Rechtsbeschwerde beim BGH hatte keinen Erfolg.

Kein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz

Dem XIII. Zivilsenat zufolge hat das LG in der Anordnung der Haftverlängerung durch den Beschluss des AG vom 27.06.2019 zu Recht keinen Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz gesehen. Die Würdigung des LG, dass das beteiligte Amt die Überstellung ohne unnötige Verzögerung betrieben habe und die Dauer der Sicherungshaft auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt worden sei, sei richtig. In der Entscheidung der Behörde, den Flug vom 12. auf den 21.06.2019 zu verschieben, liege keine unnötige Verzögerung. Sie habe die Umbuchung nach ihren nachvollziehbaren Angaben aus sachlichen Gründen vorgenommen, da eine andere abzuschiebende Familie aus Dringlichkeitsgründen auf diesen Flug gebucht werden musste. Damit habe sie im Rahmen ihres organisatorischen Spielraums gehandelt. Dieser erlaube ihr Planungsänderungen wie die Umbuchung eines ursprünglich für eine bestimmte Person geplanten Flugs, sofern innerhalb der bestehenden Überstellungsfrist ein möglichst zeitnaher neuer Abschiebetermin festgelegt werde. Nicht zu beanstanden sei auch, dass das LG in der weiteren Verzögerung der Abschiebung durch Stornierung des für den 21.06.2019 geplanten Überstellungsflugs keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot gesehen habe. Denn die Stornierung sei von der Betroffenen wegen einer Anpassungsstörung zu verantworten gewesen, die nunmehr einen Flug mit Sicherheitsbegleitung erforderlich gemacht habe.

BGH, Beschluss vom 25.10.2022 - XIII ZB 116/19

Redaktion beck-aktuell, 9. Januar 2023.