BGH: Keine "Streitwertminderung" zugunsten einer Verbraucherzentrale

Der Bundesgerichtshof hat zwei von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gestellte Anträge nach § 12 Abs. 4 UWG zurückgewiesen. Nach dieser Norm kann das Gericht in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten anordnen, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten für eine Partei nach einem Wert richtet, der hinter dem festgesetzten Streitwert zurückbleibt. Dies setze indes voraus, dass die antragstellende Partei glaubhaft mache, dass bei einer Belastung mit den Kosten aus dem vollen Streitwert eine erhebliche Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Lage eintritt, erläuterte der BGH nach einer Mitteilung der Kanzlei Schlüter Graf Rechtsanwälte (Beschlüsse vom 15.12.2016, Az.: I ZR 213/15 und I ZR 221/15).

Verbraucherzentrale hielt niedrigeren Streitwert für angemessen

Der I. Zivilsenat des BGH verneinte diese Voraussetzungen für die Verbraucherzentrale. Diese hatte jeweils beantragt anzuordnen, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten nicht nach dem vollen Streitwert (60.000 Euro bzw. 50.000 Euro, nach Teilklagerücknahme jeweils 40.000 Euro) richtet, sondern nur nach einem geringeren Wert von 10.000 Euro. Die sich daraus ergebende Belastung sei der wirtschaftlichen Lage der Verbraucherzentrale angepasst.

BGH erläutert Auffassungen zu "Streitwertminderung"

Der BGH verwies einerseits auf eine Auffassung aus Schrifttum und Rechtsprechung, wonach eine "Streitwertminderung" nach § 12 Abs. 4 UWG nicht schon dann in Betracht komme, wenn sich eine Partei in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, so lange ihr etwa noch zumutbar sei, einen Kredit aufzunehmen. Andererseits verwies er auf eine Auffassung aus dem Schrifttum, wonach bei Verbraucherverbänden eine großzügigere Handhabung geboten sei, weil diese ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig seien und deren Funktionsfähigkeit damit in besonderer Weise schützenswert sei.

Verbraucherzentrale kann "Streitwertminderung" in entschiedenen Verfahren nicht beanspruchen

Schließlich kam der BGH dann aber nach Auskunft der Kanzlei ohne nähere Auseinandersetzung mit diesen Auffassungen zu dem Ergebnis, dass die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen das Privileg des § 12 Abs. 4 UWG jedenfalls in den entschiedenen Verfahren nicht beanspruchen könne. Es bleibe somit nach wie vor offen, ob bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 12 Abs. 4 UWG tatsächlich unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind, je nachdem, ob ein Wettbewerber beziehungsweise ein Wettbewerbsverband oder ein Verbraucherverband betroffen ist.

Redaktion beck-aktuell, 27. Januar 2017.

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