Keine Sit­ten­wid­rig­keit des Ther­mofens­ters ohne Täu­schung

Selbst wenn es sich bei so­ge­nann­ten Ther­mofens­tern in Die­sel­au­tos um eine un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung han­delt, ist der Ein­satz der Tech­nik nicht gleich als be­son­ders ver­werf­lich ein­zu­stu­fen. Der Bun­des­ge­richts­hof be­kräf­tig­te, dass die reine Ver­wen­dung des Ther­mofens­ters in Daim­ler-Fahr­zeu­gen nicht aus­reicht. Etwas an­de­res gelte, wenn dem Her­stel­ler nach­ge­wie­sen wer­den könne, dass er die Be­hör­den be­wusst hin­ters Licht habe füh­ren wol­len. Dafür hät­ten kon­kret aber keine An­halts­punk­te vor­ge­le­gen.

Mer­ce­des-Käu­fer ver­langt Scha­dens­er­satz

Der Käu­fer eines ge­brauch­ten Die­sel­kom­bis nahm des­sen Her­stel­le­rin – die Daim­ler AG – auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz in An­spruch. Das LG Stutt­gart gab der Klage unter Abzug einer hö­he­ren als vom Klä­ger an­ge­ge­be­nen Nut­zungs­ent­schä­di­gung statt. Die Be­ru­fung des Kon­zerns war beim dor­ti­gen Ober­lan­des­ge­richt er­folg­reich, weil keine An­halts­punk­te vor­han­den waren, dass die Ty­pen­ge­neh­mi­gung durch eine Täu­schung er­schli­chen wor­den sei. Eine Haf­tung schei­te­re be­reits an der Tat­be­stands­wir­kung der er­teil­ten EG-Typ­ge­neh­mi­gung. Zur Klä­rung der – aus Sicht des OLG – ent­schei­den­den Frage der Ein­stu­fung des Ther­mofens­ters als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung lie­ßen die Stutt­gar­ter Rich­ter die Re­vi­si­on zu.

Schä­di­gungs­vor­satz fehlt

Dem VII. Zi­vil­se­nat zu­fol­ge nahm das OLG zu Recht an, dass dem Kun­den kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz nach § 826 BGB gegen den Kfz-Her­stel­ler zu­steht. Selbst wenn zu­guns­ten des Klä­gers un­ter­stellt werde, dass es sich beim Ther­mofens­ter um eine un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung han­de­le, sei der darin lie­gen­de – un­ter­stell­te – Ge­set­zes­ver­stoß nicht ge­eig­net, den Ein­satz der Steue­rungs­soft­ware als be­son­ders ver­werf­lich er­schei­nen zu las­sen. An­halts­punk­te für wis­sent­lich un­ter­blie­be­ne oder un­rich­ti­ge An­ga­ben der Be­klag­ten im Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren, die noch dazu auf ein heim­li­ches und ma­ni­pu­la­ti­ves Vor­ge­hen oder eine Über­lis­tung des Kraft­fahrt­bun­des­am­tes und damit auf einen be­wuss­ten Ge­set­zes­ver­stoß hin­deu­ten wür­den, habe der dar­le­gungs­pflich­ti­ge Die­sel­käu­fer nicht dar­ge­legt. In­so­fern habe die Zu­las­sung der Re­vi­si­on eine nicht ent­schei­dungs­er­heb­li­che Frage be­trof­fen. Der Käu­fer nahm diese zu­rück.

BGH, Beschluss vom 29.09.2021 - VII ZR 223/20

Redaktion beck-aktuell, 11. November 2021.

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