Keine Rechtsscheinsvollmacht im Prozessrecht

Ein Anwalt kann sich hinsichtlich seiner Bevollmächtigung nicht darauf berufen, dass die Abberufung des ihn beauftragenden Vorstands noch nicht im Vereinsregister eingetragen war. Der Vertrauensschutz des Registers ist laut Bundesgerichtshof nicht auf das Prozessrecht übertragbar. Der Anwalt sei im Verhältnis zum Verein auch kein außenstehender Dritter.

Kampf um den Vorstand

Die Abberufung des Ersten Vorsitzenden führte in einem Verein zum Streit: Nachdem eine Minderheit von 77 Mitgliedern vom AG Hannover ermächtigt worden war, eine Mitgliederversammlung zur Abberufung und Neuwahl des Vorstands abzuhalten, luden diese alle Mitglieder für den 11.11.2018 ein. Als Reaktion beriefen die Loyalisten um den Ersten Vorsitzenden eine Parallelveranstaltung am gleichen Tag ein – unter Ausschluss der Abweichler. Auf deren Veranstaltung wurde der Vorsitzende abgewählt und am 07.12. der neue Vorstand im Vereinsregister eingetragen. Schon am Tag nach den Wahlen hatte der Geschasste einen Anwalt damit beauftragt, gegen seine Entlassung vorzugehen. Das LG Hannover wies die Klage als unzulässig ab: Der frühere Vorsitzende sei bei Klageeinreichung nicht mehr gesetzlicher Vertreter des Klubs im Sinne von § 51 Abs. 1 ZPO gewesen. Das OLG Celle hielt auch die Berufung dagegen für unzulässig. Mangels wirksamen Mandats habe der Anwalt diese nicht einlegen können.

Keine Berufung auf Vereinsregister

Die Karlsruher Richter bestätigten das im Ergebnis: Der Vorstand sei durch die Mehrheit der anwesenden Mitglieder wirksam abberufen worden. Die Parallelveranstaltung habe dagegen die Ladungsfrist nicht eingehalten. Schon dadurch, dass die Vollmacht ein Vorgehen gegen die Abberufung als Ziel nenne, sei auch die nötige Kenntnis des Vorsitzenden belegt. Die Eintragung im Register hat laut BGH hingegen nur deklaratorische Wirkung. Der Anwalt sei auch im Verhältnis zum Verein nicht "Dritter", sodass er sich nicht auf den Gutglaubensschutz des § 68 BGB berufen könne. Der II. Zivilsenat betont insoweit, dass die Norm nicht auf das Prozessrecht übertragbar ist. Eine "Rechtsscheinshaftung des Vollmachtgebers" sei der ZPO fremd. Vor diesem Hintergrund wurden die Verfahrenskosten auch nicht dem "klagenden" Verein, sondern dem ehemaligen Vorsitzenden auferlegt.

BGH, Beschluss vom 11.05.2021 - II ZB 32/20

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, Mitglied der NJW- und beck-aktuell-Redaktion, 2. Juli 2021.