Keine Rechtsanwaltszulassung bei Verleih durch nichtanwaltlichen Arbeitgeber

Wer im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Projektjurist in einer Kanzlei tätig ist und für diese nach außen auftreten soll, kann jedenfalls bei einem nichtanwaltlichen Verleiher nicht als Rechtsanwalt zugelassen werden. Laut Bundesgerichtshof ist die Tätigkeit für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber in dieser Konstellation mit der anwaltlichen Unabhängigkeit nicht in Einklang zu bringen. Arbeitgeberin sei hier die Zeitarbeitsfirma.

Zeitarbeitsfirma will Volljuristen an Großkanzlei verleihen

Ein Volljurist verlangte von seiner Rechtsanwaltskammer die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Seit 2007 arbeitete er für ein Zeitarbeitsunternehmen, seit September 2018 als "Senior Director/Personalberater". Im August 2019 schloss er mit diesem eine Zusatzvereinbarung, nach der er als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden soll. Vorgesehen war, dass die Firma ihn als Volljuristen anstellt und als Projektjuristen exklusiv an eine Großkanzlei zur Mitarbeit in einem Masseklageverfahren verleiht. Dabei sollte er als Anwalt auch Termine wahrnehmen und gegenüber Mandanten auftreten. Zwischen den beiden Unternehmen existierte ein "Arbeitnehmerüberlassungs- und Personalvermittlungsvertrag“. Für die Ausübung des Berufs als Anwalt neben seiner Tätigkeit als Projektanwalt stellte die Kanzlei den Juristen frei. Die Anwaltskammer lehnte den Zulassungsantrag nach § 7 Nr. 8 BRAO ab. Die Ausübung der Tätigkeit als Leiharbeitnehmer sei mit dem anwaltlichen Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar.

AGH NRW: Vorliegende Arbeitnehmerüberlassung nicht von der BRAO erfasst

Der AGH Nordrhein-Westfalen wies die Klage ab, weil die hier gegebene Konstellation einer Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 I AÜG nicht von § 46 I BRAO erfasst werde. Die vertragliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehe hier nämlich nicht zwischen dem Volljuristen und der Großkanzlei, sondern dem Juristen und der ihn verleihenden Firma. Der Kläger rügte, der AGH habe den Zulassungsversagungsgrund des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO (Pflichtenkollision von Erst- und Zweittätigkeit) unzulässig weit ausgelegt. Seine Berufung beim BGH blieb ohne Erfolg.

Mit dem anwaltlichen Beruf unvereinbar

Der Anwaltssenat stimmte den Ausführungen des AGH zu. Die Beklagte habe seinen Antrag zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass einer Zulassung des Klägers der Versagungsgrund des § 7 Satz 1 Nr. 8 BRAO entgegenstehe. Dessen Beschäftigung als juristischer Leiharbeitnehmer sei nach den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Beruf des Rechtsanwalts unvereinbar und könne das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden. Die Überlassung an eine Kanzlei durch einen nichtanwaltlichen Verleiher und die Beratung von deren Mandanten lasse Interessenkonflikte befürchten. Ein genereller Ausschluss der Zulassung sei hier nicht gegeben. Eine Arbeitnehmerüberlassung nach Zulassung sei auch möglich – wenn nur ein Einsatz zu nichtanwaltlichen juristischen Tätigkeiten erfolge (Az.: AnwZ (Brfg) 12/21).

Redaktion beck-aktuell, 9. Juni 2023.