Sicherheitsleistung für Prozesskosten begehrt
Der Kläger, ehemaliger Großaktionär eines namhaften Solarunternehmens in Erlangen, verklagte 2016 von seinem Wohnsitz im Vereinigten Königreich unter anderem eine deutsche Verlagsgesellschaft auf Schadenersatz, weil 2013 in der von ihr herausgegebenen "Süddeutschen Zeitung" ein Artikel veröffentlicht worden war, der ihn in die Nähe eines strafbaren Insiderhandels gerückt hatte. Ein wichtiges Geschäft sei später geplatzt, da sein Geschäftspartner über eine schweizerische Zeitschrift von den Behauptungen erfahren habe. Seine Klage vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth und die Berufung vor dem Oberlandesgericht Nürnberg waren erfolglos. Nach dem Beschluss des OLG am 03.02.2021 erhob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH. Erst jetzt – vor dem BGH – beantragte der Verlag anzuordnen, dass der Kläger angesichts des Gegenstandswerts in Höhe von etwas mehr als 78 Millionen Euro und dem Brexit eine Prozesskostensicherheit erbringe. Dieser rügte die Verspätung und behauptete, inzwischen in der Schweiz zu leben. Die Karlsruher Richter lehnten den Antrag ab.
Antrag zu spät gestellt
Der Kläger hat den Antrag laut BGH zu Recht als zu spät nach §§ 565 S. 1, 532 S. 2 ZPO gerügt. Die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten sei grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache für alle Rechtszüge zu erheben, es sei denn, die Voraussetzungen entstünden erst in einer höheren Instanz, § 111 ZPO. So liege der Fall hier: Erst am 31.12.2020 – in der Berufungsinstanz – habe der Austritt der Briten und Nordiren aus der EU seine volle Wirkung entfaltet, da erst dann die Übergangszeit aus dem Austrittsabkommen ausgelaufen gewesen sei. Der Verlag hätte seinen Antrag also vor dem OLG bis zum Abschluss der Berufung stellen müssen, so der VI. Zivilsenat. Ein fehlendes Verschulden für die viermonatige Verspätung werde nicht geltend gemacht.
Antrag wäre auch unbegründet gewesen
Der Kläger hätte aber auch keine Sicherheit für die Prozesskosten leisten müssen, weil er nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13.12.1955 davon befreit gewesen wäre. Denn für Großbritannien gelte dieses Abkommen seit 1969. Selbst wenn der Kläger nun in der Schweiz lebe, wäre er nach § 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO befreit, weil Deutschland mit der Schweiz mit dem Luganer Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ein Vollstreckungsabkommen geschlossen hat.