Keine parallele Restschuldbefreiung im Zweitinsolvenzverfahren

Gibt ein Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit des Schuldners frei und tritt hier ebenfalls Insolvenz ein, kann der Unternehmer vor Entscheidung über seinen ersten Antrag auf Restschuldbefreiung keinen erneuten Antrag, nunmehr bezogen auf das Firmenvermögen, stellen. Der Bundesgerichtshof hat mithilfe einer Analogie entschieden, dass ein Schuldner erst nach Ablauf der Sperrfristen einen weiteren Restschuldbefreiungsantrag stellen kann. 

Zwei parallele Insolvenzverfahren eröffnet

Ein Insolvenzgericht eröffnete im September 2014 die Insolvenz über das Vermögen eines Manns, der auch die Restschuldbefreiung beantragte. Der Insolvenzverwalter gab die selbstständige Tätigkeit des Schuldners als Spediteur frei. Vier Jahre später - die Restschuldbefreiung war noch nicht erteilt - wurde auch sein Unternehmen zahlungsunfähig. Der Spediteur beantragte erneut die Erteilung der Restschuldbefreiung. Das Amtsgericht Gera eröffnete zwar das zweite Insolvenzverfahren, lehnte den Antrag auf Restschuldbefreiung aber als unzulässig ab. Diese Entscheidung wurde vom Landgericht Gera und dem Bundesgerichtshof bestätigt.

Analoge Anwendung des § 287a InsO a. F.

Da er nach dem 01.07.2014 Insolvenz angemeldet hatte, ist laut BGH die alte Insolvenzordnung in der Fassung vom 15.07.2013 anzuwenden. Der Fall, dass zwei Insolvenzen parallel laufen, sei im Katalog des § 287a Abs. 2 InsO zwar nicht erfasst; insoweit geht der IX. Zivilsenat aber von einer analogen Anwendung des Abs. 2 Nr. 1 aus. Nach dieser Norm kann man einen wiederholten Antrag auf Restschuldbefreiung erst fünf beziehungsweise elf Jahre nach der vorherigen Entscheidung stellen. Damit wolle der Gesetzgeber verhindern, dass Schuldner bewusst ihre finanziellen Risiken auf ihre Gläubiger abwälzen.

Analogiebildung zulässig

Die hier vorliegende Konstellation sei nach den Gesetzgebungsunterlagen vom damaligen Gesetzgeber nicht bedacht worden. Es bestehe gleichwohl ein Bedürfnis, auch diesen Fall adäquat zu lösen. Daher liegt dem BGH zufolge trotz abschließender Aufzählung der Unzulässigkeitstatbestände eine planwidrige Lücke vor. Die Sachverhalte seien auch vergleichbar: Die Sperrfristen, innerhalb derer der Schuldner nach einer Restschuldbefreiung keinen erneuten Antrag stellen dürfen, sollen laut den Karlsruher Richtern auch für jemanden gelten, der noch nicht einmal eine erste Restschuldbefreiung erhalten habe.

BGH, Beschluss vom 22.07.2021 - IX ZB 7/20

Redaktion beck-aktuell, 1. September 2021.