Keine Kostenerstattung für Dachertüchtigung wegen abprallenden Schnees

Das Abprallen von Schnee an einem neu gebauten Gebäude stellt zwar eine Einwirkung auf das Nachbargrundstück dar, beeinträchtigt dies aber regelmäßig nur unwesentlich. Eine andere Beurteilung ist laut Bundesgerichtshof auch nicht deshalb angebracht, weil das benachbarte Dach erst infolge des zusätzlichen Schnees verstärkt werden muss. Dies obliege allein dem die Anlage unterhaltenden Grundstückseigentümer.

Vom Neubau abprallender Schnee

Eine Grundstückseigentümerin verklagte ihren Nachbarn unter anderem auf Erstattung für entstandene und noch entstehende Kosten einer statischen Dachertüchtigung in Höhe von rund 53.300 Euro. Ihre Liegenschaft war an der Grenze zum Nachbargrundstück mit einem eingeschossigen Tankstellengebäude bebaut. Direkt daran angrenzend und unmittelbar neben dem dort bereits vorhandenen Gebäude hatte der Beklagte ein mit einem Flachdach versehenes Zweifamilienhaus angebaut, welches einen halben Meter höher war als das Flachdach des Tankstellenhauses. Die Klägerin teilte mit, ihr Dach müsse nach den einschlägigen DIN-Vorschriften durch den Einbau einer zusätzlich tragenden Ebene in die Decke statisch ertüchtigt werden, um den veränderten Schneelastanforderungen infolge des von dem Neubau abprallenden Schnees zu entsprechen.

OLG: Statische Anforderungen nicht dargelegt

Die Klägerin verlor sowohl beim LG Köln als auch beim dortigen OLG. Zwar komme prinzipiell ein Anspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB sowie nach § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 907 BGB für die Arbeiten an der Tankstelle in Betracht. Die Klägerin habe aber nicht dargelegt, dass das Tankstellendach infolge des Neubaus nicht mehr den statischen Anforderungen entspreche. Zudem sei die Höhe des Entschädigungsanspruchs nicht hinreichend substanziiert. Ebenso wenig sei vorgetragen, dass die Statik allein aufgrund der baulichen Maßnahme des Beklagten zu ertüchtigen sei und nicht ohnehin einer Erneuerung oder Anpassung bedürfe. Auch die Revision beim BGH hatte keinen Erfolg.

Keine wesentliche Beeinträchtigung

Der V. Zivilsenat stimmte dem OLG jedenfalls im Ergebnis zu. Selbst wenn infolge des Neubaus auf dem Grundstück des Beklagten eine statische Dachertüchtigung erforderlich wäre, stünde der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der dafür notwendigen Kosten zu. Zwar stelle das Abprallen von Schnee an einer Grenzwand wie eine von einer Grenzbebauung ausgehende Lichtreflexion eine positive Einwirkung auf das Nachbargrundstück dar, die aber hier nur unwesentlich die Benutzung des klägerischen Grundstücks nach § 906 Abs. 1 BGB beeinträchtige. Der Umstand, dass mit einer erhöhten Schneelast auf dem Tankstellendach zu rechnen sei, da der vom Gebäude des Beklagten abprallende Schnee dorthin geraten könne, schränke die Nutzung des Tankstellenbetriebs jedoch nicht unmittelbar ein. Eine andere Beurteilung sei nicht deshalb angezeigt, weil das Dach nach den maßgeblichen DIN-Normen erst infolge der Grenzbebauung einer statischen Ertüchtigung bedürfe. Dass die vorhandene Bebauung die statischen Vorgaben im Hinblick auf die zu erwartende Schneelast nicht (mehr) erfülle, falle jedenfalls dann allein in den Risikobereich der Klägerin, wenn - wie hier - eine Beeinträchtigung allein durch physikalische Vorgänge eintrete, die auf naturgesetzlicher Wirkung beruhten. 

BGH, Urteil vom 23.03.2023 - V ZR 97/21

Redaktion beck-aktuell, 8. Mai 2023.