Keine iso­lier­te An­fech­tung des Be­weis­be­schlus­ses

Grund­sätz­lich kann eine Be­weis­an­ord­nung nicht iso­liert an­ge­foch­ten wer­den, um nicht in die Sach­ent­schei­dungs­kom­pe­tenz des Pro­zess­ge­richts ein­zu­grei­fen. Laut Bun­des­ge­richts­hof kön­nen diese Be­schlüs­se nur zu­sam­men mit der End­ent­schei­dung an­ge­grif­fen wer­den. Eine Aus­nah­me sei nur dann mög­lich, wenn der Be­weis­be­schluss einen blei­ben­den recht­li­chen Nach­teil zur Folge hätte, der sich im wei­te­ren Ver­fah­ren nicht mehr be­he­ben ließe.

Trotz er­kenn­ba­rer In­sol­venz­rei­fe Be­stä­ti­gungs­ver­mer­ke er­teilt?

Ein Wirt­schafts­prü­fer war seit 2006 mit der Über­prü­fung und Be­stä­ti­gung der Jah­res­ab­schlüs­se einer GmbH be­auf­tragt, bei der die Klä­ge­rin 2016 in zehn See­fracht­con­tai­ner in­ves­tiert hatte. Das Ge­schäfts­mo­dell sah vor, dass die An­le­ger die Con­tai­ner kauf­ten und deren Ei­gen­tü­mer wur­den, wobei die Über­ga­be der Con­tai­ner durch den Ab­schluss eines Ver­wal­tungs­ver­tra­ges er­setzt wurde. Für des­sen Dauer wurde ein fes­ter Miet­zins ga­ran­tiert und an­schlie­ßend der An­kauf der Con­tai­ner zu einem be­stimm­ten Rück­kauf­preis in Aus­sicht ge­stellt. 2018 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Ver­käu­fe­rin er­öff­net. Die Klä­ge­rin ver­lang­te nun Scha­dens­er­satz vom Wirt­schafts­prü­fer in Höhe von 13.700 Euro. Im Zuge des Pro­zes­ses vor dem Land­ge­richt Mün­chen I be­schloss das Ge­richt, ein schrift­li­ches Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zur Be­haup­tung der Klä­ge­rin, dass der Wirt­schafts­prü­fer die Be­stä­ti­gungs­ver­mer­ke für die streit­ge­gen­ständ­li­chen Ge­schäfts­jah­re hätte ver­sa­gen müs­sen und dass ihm das auch of­fen­sicht­lich er­kenn­bar ge­we­sen sei, ein­zu­ho­len. Der be­klag­te Prü­fer, der dazu nicht an­ge­hört wurde, focht die­sen Be­schluss ver­geb­lich iso­liert an – auch das Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen und der Bun­des­ge­richts­hof ver­war­fen seine Rechts­mit­tel als un­zu­läs­sig.

Be­weis­be­schluss nicht iso­liert an­fecht­bar

Der Be­weis­be­schluss ist laut den Karls­ru­her Rich­tern eine pro­zess­lei­ten­de An­ord­nung, die grund­sätz­lich nur im Rah­men eines Rechts­mit­tels gegen die End­ent­schei­dung des Ge­richts an­greif­bar ist. An­sons­ten würde man in die Sach­ent­schei­dungs­kom­pe­tenz des Pro­zess­ge­richts ein­grei­fen. Der BGH un­ter­mau­ert seine An­sicht mit § 355 Abs. 2 ZPO, der eine An­fech­tung der De­le­ga­ti­on der Be­weis­auf­nah­me an einen be­auf­trag­ten oder er­such­ten Rich­ter auch ver­bie­tet.

Aus­nah­me: Be­weis­auf­nah­me ver­ur­sacht ir­repa­ra­blen Nach­teil

Nach der BVerfG-Recht­spre­chung sei der Be­weis­be­schluss nur dann iso­liert an­fecht­bar, wenn er einen blei­ben­den recht­li­chen Nach­teil zur Folge hätte, der sich im wei­te­ren Ver­fah­ren nicht mehr be­he­ben ließe. Als Bei­spiel dafür führt der VII. Zi­vil­se­nat die dro­hen­de Ver­let­zung der in­for­ma­tio­nel­len Selbst­be­stim­mung durch die Preis­ga­be von In­for­ma­tio­nen aus dem höchst­per­sön­li­chen Le­bens­be­reich durch die be­schlos­se­ne Be­weis­auf­nah­me an. Eine sol­che sei hier nicht er­sicht­lich. Ein­fa­che Feh­ler des Be­schlus­ses, etwa die Er­he­bung ir­rele­van­ter Er­geb­nis­se oder eine un­zu­läs­si­ge Sach­ver­halts­aus­for­schung reich­ten dafür nicht aus. Auch die hier vor­lie­gen­de Ver­let­zung recht­li­chen Ge­hörs nach Art. 103 Abs. 1 GG lie­ßen die Karls­ru­her Rich­ter nicht gel­ten, weil der Wirt­schafts­prü­fer auch im lau­fen­den Ver­fah­ren noch Stel­lung zu dem Be­weis­be­schluss neh­men und damit die Rück­nah­me des Be­schlus­ses er­wir­ken könne.

BGH, Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZB 46/21

Redaktion beck-aktuell, 29. Juli 2022.

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