Keine isolierte Anfechtbarkeit der Stellungnahme einer Notarkammer

Die Stellungnahme einer Notarkammer zur Frage der Wiederbesetzung und Neuausschreibung einer Notarstelle ist nicht isoliert angreifbar. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.07.2020 entschieden. Auch ohne diese Möglichkeit sei effektiver Rechtsschutz gewährleistet, denn der Notar habe die Möglichkeit der Unterlassungsklage gegen die Entscheidung des Justizministeriums über die Neuausschreibung.

Notar gegen Stellungnahmen der Notarkammer

Ein Notar versuchte, in die Wiederbesetzung einer Notarstelle in seinem Bezirk einzugreifen. Nachdem die Kammer die Neubesetzung in einer Stellungnahme befürwortet und das Land Sachsen-Anhalt die Stelle ausgeschrieben hatte, verlangte er eine neue Bewertung durch die Berufsorganisation. In der ersten Fassung sei die Kammer nur für seinen Amtsgerichtsbezirk von ihren üblichen Kriterien abgewichen. Parallel ging er gegen das Land vor. Das OLG Naumburg sah die Klage gegen die Kammer schon als unzulässig an: Die von der Notarkammer abgegebenen Stellungnahmen seien nach § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO in Verbindung mit § 44a VwGO weder isoliert gerichtlich angreifbar, noch könne der Notar von dieser eine inhaltlich abgeänderte neue Stellungnahme verlangen.

BGH: Effektiver Rechtsschutz gewährleistet

Dieser Sichtweise schloss sich der Bundesgerichtshof an. Durch die Anwendung des § 44a VwGO ist aus Sicht der Karlsruher Richter keine mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbare Rechtsschutzlücke entstanden und damit effektiver Rechtsschutz gewährleistet. Dem Notar stehe gegen die Entscheidung des Justizministeriums, die Notarstelle neu auszuschreiben, die Möglichkeit einer Unterlassungsklage zur Verfügung. Diese habe er auch eingelegt. Die Erklärungen der Notarkammer hätten keinerlei Bindungswirkung für die in eigener Verantwortung zu treffende Entscheidung des Justizministeriums. Dies schließe zwar nicht aus, dass etwaige Fehler in den Stellungnahmen auf die Entscheidung des Justizministeriums in der Weise durchgeschlagen haben könnten, dass diese rechtswidrig gewesen sei. Laut BGH kann dies aber in dem die Ausschreibung betreffenden gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Demzufolge müsse dort geprüft werden, ob das von ihm behauptete Abweichen der Stellungnahme der Notarkammer von der üblichen Praxis auf die Organisationsentscheidung des Ministeriums "durchgeschlagen" und ob dies zu einem seine Rechte beeinträchtigenden Ermessensfehler geführt habe. Die bloße Besorgnis, dass ein Gericht seiner Prüfungspflicht nicht nachkommen werde, rechtfertige es nicht, den Rechtsschutz zu erweitern.

Redaktion beck-aktuell, 8. September 2020.