Keine Haftung für Werbung für unerlaubtes Glücksspiel

Ein Fernsehsender haftet nur für fremde Werbespots, die grob und offenkundig gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Ihm ist nicht zuzumuten, aufwendig den Sachverhalt und die rechtliche Situation zu prüfen. Dies hat der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit von einem Fernsehsender ausgestrahlter Glücksspiel-Werbung entschieden.

Erlaubte und unerlaubte Glücksspiele

Ein privater Fernsehsender strahlte Fernsehspots aus, in denen für Casino- und Automatenspiele auf den Internetseiten "www.onlinecasino.de", "www.drückglück.de" und "www.wunderino.de" geworben wurde. Angebote für Online-Spiele finden sich auch auf den in deutscher Sprache aufrufbaren Internetseiten "www.onlinecasino-eu.com", "www.drueckglueck.com", "www.wunderino.com" und "www.mrgreen.com". Dort können Nutzer gegen Entgelt an Casino- und Automatenspielen teilnehmen. Die Betreiber dieser Internetseiten verfügten über keine Lizenzen zur Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland. Ein Interessenverband von Glücksspielunternehmen verlangte von der Holdinggesellschaft des Senders, die die Rechtsberatung des Fernsehsenders übernahm, diese Werbespots nicht mehr zu senden. Die Gesellschaft gab lediglich eine veränderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Anschließend wurde sie vor dem Landgericht wegen Reklame für vier illegale Glücksspiele verklagt. Sowohl das LG als auch das Oberlandesgericht gaben der Unterlassungsklage statt. Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache teilweise zurück.

Unzulässige Werbung für illegales Glücksspiel

Der BGH bejahte wie auch die Vorinstanzen einen Verstoß gegen § 3a UWG, weil der Sender mit der Ausstrahlung der Fernsehspots für die erlaubten ".de"-Glücksspielseiten auch immer die gleichlautenden verbotenen ".com"-Seiten mitbeworben hatte. Die Ähnlichkeit der Domainnamen und der gleiche Seitenaufbau der Webauftritte führten dazu, dass der Nutzer über die Suchmaschine auf die unerlaubte Seite stoße und erwarte, an einem legalen Glückspiel teilzunehmen.

Keine Haftung des ausstrahlenden Senders

Entgegen der Ansicht der Kölner Richter sei aber die beklagte Servicegesellschaft des Senders für den Verstoß nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1, 3a UWG nicht haftbar zu machen. Der Erste Zivilsenat bekräftigte, dass der Sender hinsichtlich der Zulässigkeit ausgestrahlter Werbespots eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht in Form einer Prüfungspflicht habe. Diese beschränke sich aber auf offenkundige und grobe Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht. Eine eingehende rechtliche Prüfung, ob die Spielbetreiber gültige Lizenzen hätten oder nicht, muss die Rundfunkanstalt den Karlsruher Richtern zufolge nicht vornehmen – auch nicht auf eine Abmahnung hin.

BGH, Urteil vom 22.07.2021 - I ZR 194/20

Redaktion beck-aktuell, 13. Oktober 2021.