Keine Haftung des Wohneigentümers gegenüber ehemaligem Gemeinschaftsmitglied

Befreit ein Mitglied einer Wohneigentümergemeinschaft dieselbe von einer Verbindlichkeit, indem er für sie in Vorlage tritt, kann er nach seinem Ausscheiden nicht den einzelnen Miteigentümer für die Erstattung seiner Kosten in Anspruch nehmen, sondern nur die Gemeinschaft als solche. Der Bundesgerichtshof verdeutlichte die Haftungslage des WEG für eine zerstrittene Zweiergemeinschaft ohne Verwalter.

Zweier-Wohneigentümergemeinschaft ohne Verwalter

Zwei Männer bildeten eine Wohneigentümergemeinschaft. Nachdem der Verwalter 2018 ausgeschieden war, regelten die beiden die Geschicke der Gemeinschaft recht unkonventionell: Mal zahlte der eine, mal der andere die anfallenden Kosten und forderte dann vom Miteigentümer die Hälfte des Geldes zurück. Dieses Verfahren hat nicht gut funktioniert: Die beiden zerstritten sich und ein Jahr später veräußerte einer seine Einheit. Nach seinem Ausscheiden forderte der Kläger von seinem ehemaligen Miteigentümer rund 7.000 Euro, dieser rechnete mit knapp 4.000 Euro auf. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht bejahten beide gegenseitigen Ansprüche. Der Kläger akzeptierte die Aufrechnung nicht, sondern verfolgte seinen weiteren Anspruch weiter vor dem BGH (V ZR 92/21) – mit Erfolg.

Ansprüche sind nicht gegenseitig

Der ausgeschiedene Beklagte hat keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 10 Abs. 6 WEG a.F. gegen seinen ehemaligen Miteigentümer, sondern nur gegen die Eigentümergemeinschaft, so der V. Zivilsenat. Eine Aufrechnung nach § 387 BGB scheide daher mangels Aufrechnungslage aus. Der ehemalige Eigentümer sei für die Gemeinschaft – und nicht für den Miteigentümer – in Vorlage getreten und habe die Gemeinschaft von einer Verbindlichkeit befreit (Sozialverbindlichkeit). Der Kläger haftet den Karlsruher Richtern zufolge auch nicht gegenüber dem ausgeschiedenen Gemeinschaftsmitglied, sondern nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG a.F. nur gegenüber einem Außenstehenden. Der BGH begründet seine Ansicht mit dem Willen des Gesetzgebers, es bestehe kein Grund, das von ihm vorgesehene Finanzsystem einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterlaufen. Der Ausgeschiedene hätte vor seinem Verlassen noch entsprechende Beschlüsse der Gemeinschaft herbeiführen können. Der Bestand der Klageforderung war nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

BGH, Urteil vom 25.03.2022 - V ZR 92/21

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2022.