Keine gesonderte Geschäftsgebühr in derselben Angelegenheit

Für die außergerichtliche Regelung der finanziellen Folgen einer Trennung kann ein Rechtsanwalt nur eine Geschäftsgebühr verlangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen den finanziellen Problemfeldern ein innerer Zusammenhang besteht. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 29.10.2020 entschieden.

Eine Geschäftsgebühr für "dieselbe Angelegenheit"

Ein Rechtsanwalt verlangte von seinem ehemaligen Mandanten die Zahlung einer weiteren Vergütung. Er war von diesem im Januar 2014 beauftragt worden, ihn bei der Trennung und Scheidung von der Ehefrau außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten. Im Mai 2014 beantragte der Jurist auftragsgemäß die Scheidung nebst Versorgungsausgleich. Außerdem wurde er bezüglich Unterhalt, Vermögensauseinandersetzung, Steuererstattung und Nutzungsentschädigung tätig. Zum Streit führte der Auftrag, außergerichtlich über die Aufteilung von Krediten des Ehepaars zu verhandeln: Im September 2014 stellte er für seinen Klienten vor dem Familiengericht (Amtsgericht Pforzheim) Anträge, die Ehefrau zur Zahlung von rund 2.930 Euro wegen einer gemeinsamen Kreditverpflichtung zu verurteilen; und diesen von Kreditforderungen in Höhe von 57.500 Euro freizustellen. Der Anwalt schickte dem Ehemann eine Vorschussrechnung, woraufhin dieser das Mandat kündigte. Sodann rechnete der Scheidungsanwalt seine Tätigkeiten mit vier Rechnungen ab. Die ersten drei Rechnungen beglich der Mandant, die vierte – betreffend die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung über den Gesamtschuldnerausgleich – aber nicht. Das AG Pforzheim wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung hatte vor dem LG Karlsruhe teilweise Erfolg: Der Mandant habe den Juristen zwar nicht beauftragt, Ansprüche aus dem Gesamtschuldnerausgleich gerichtlich geltend zu machen. Jedoch habe ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung bestanden. Dieser Gegenstand sei – zusammen mit den übrigen finanziellen Aspekten – durch eine Geschäftsgebühr abzugelten, die hier an den gestiegenen Gegenstandswert anzupassen sei.

BGH: Umfang einer gebührenrechtlichen Sache letztlich Frage des Einzelfalls

Das sah der BGH genauso und wies die Revision zurück. Aus seiner Sicht kann der Anwalt keine gesonderte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG für die außergerichtliche Tätigkeit zum Gesamtschuldnerausgleich verlangen. Es handele sich dabei um "dieselbe Angelegenheit" nach § 15 Abs. 2 RVG wie bei den vom Kläger anderweitig abgerechneten Tätigkeiten zur Klärung der finanziellen Trennungsfolgen. Der Rechtsanwalt könne die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.  

Aus Sicht des BGH ist die Frage, ob ein Anwalt im Zusammenhang mit einer Trennung und Scheidung außergerichtlich in einer einzigen gebührenrechtlichen Angelegenheit tätig geworden ist, allein anhand allgemeiner Kriterien zu beurteilen und letztlich eine Frage des Einzelfalls. Laut BGH standen die einzelnen Fragen – im Blick auf die Trennung und Scheidung – in einem inneren Zusammenhang, waren zusammengefasst durch den Rahmen der finanziellen Folgen und sollten gemeinsam einer gütlichen Einigung zugeführt werden. Dieser Wertung stehe nicht entgegen, dass die Aufträge Gegenstände umfasst hätten, welche gerichtlich in verschiedenen Verfahren hätten geltend gemacht werden müssen. Außergerichtlich sei insoweit ein einheitliches Vorgehen möglich und vom Mandanten erwünscht gewesen.

BGH, Urteil vom 29.10.2020 - IX ZR 264/19

Redaktion beck-aktuell, 18. November 2020.