BGH: Keine Erpressung mit Parkkrallen - Freispruch eines Abschleppunternehmers bestätigt

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch eines Abschleppunternehmers vom Vorwurf der Erpressung durch Anbringen von Parkkrallen und Forderung überhöhter Kosten überwiegend bestätigt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts München I, wonach der Unternehmer gutgläubig im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seines Geschäftsmodells gewesen sei, sei überwiegend nicht zu beanstanden (Urteil vom 20.12.2016, Az.: 1 StR 253/15).

Entfernung widerrechtlich parkender Kfz von Geschäftsparkplätzen gegen Abtretung von Schadenersatzansprüchen

Das LG hatte den Angeklagten vom Vorwurf der Erpressung in 19 Fällen, der versuchten Erpressung in zwölf Fällen und der Beleidigung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte hiergegen Revision eingelegt. Nach den Feststellungen des LG bot der Angeklagte mit seiner Firma im Rahmen eines neu geschaffenen Geschäftsmodells zwischen 2008 und 2012 Supermarktbetreibern, Krankenhäusern und Hausverwaltungen an, auf deren Grundstücken unberechtigt parkende Kraftfahrzeuge für diese kostenneutral zu entfernen. Im Gegenzug traten die Vertragspartner ihre Ansprüche gegen die Fahrzeugführer auf Schadenersatz an die Firma des Angeklagten ab. Diese Ansprüche sollte der Angeklagte selbst gegenüber den Falschparkern eintreiben.

Widerrechtlich parkende Kfz mit Parkkralle versehen oder abgeschleppt

An den betroffenen Orten befanden sich Schilder, welche die Parkplätze als Privatparkplätze kenntlich machten und darauf hinwiesen, dass widerrechtlich parkende Kraftfahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden. Der Angeklagte führte nach Feststellung eines Parkverstoßes verschiedene mit den Grundstücksbesitzern vereinbarte Vorbereitungstätigkeiten durch. In 14 Fällen brachte er anschließend eine Parkkralle an den jeweils falsch parkenden Kraftfahrzeugen an und verständigte teilweise schon einen Abschleppwagen. In den übrigen Fällen waren die falsch parkenden Kraftfahrzeuge bereits zu einem den Fahrzeugführern unbekannten Ort abgeschleppt oder der Abschleppvorgang unmittelbar eingeleitet worden.

Abnahme der Parkkralle nur gegen Bezahlung

Der Angeklagte verlangte von den zu ihren Fahrzeugen zurückkommenden Fahrzeugführern vor Ort aufgrund der Abtretung der Schadenersatzansprüche unmittelbar eine Bezahlung derjenigen Beträge, die sich aus den mit seinen Vertragspartnern vereinbarten Preislisten für die bereits erbrachten Leistungen ergaben. Der Angeklagte berief sich jeweils auf ein Zurückbehaltungsrecht und erklärte, er werde die Parkkrallen erst abnehmen, den Abstellort des abgeschleppten Pkw erst verraten oder den schon eingeleiteten Abschleppvorgang erst abbrechen, wenn ihm vor Ort die geforderte Summe vollständig gezahlt werde. Die meisten betroffenen Autofahrer zahlten daraufhin die geforderte Summe.

LG: Angeklagter war von Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt

Das LG hatte nicht feststellen können, dass die eingeforderten Beträge überhöht gewesen wären, indem etwa in unzulässiger Weise Kosten für die allgemeine Parkraumüberwachung gefordert worden seien. Es hatte dem im Tatzeitraum umfassend rechtlich beratenen Angeklagten geglaubt, dass dieser davon ausgegangen war, dass er einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Beträge hatte. Zudem ist es der Einlassung des Angeklagten gefolgt, er sei aufgrund seiner rechtlichen Beratung einschließlich der Einholung externer Rechtsgutachten von der Rechtsmäßigkeit seines Handelns überzeugt gewesen. Soweit keine Parkkrallen zum Einsatz kamen, konnte das LG außerdem nicht feststellen, dass der Angeklagte rechtswidrig gehandelt hat.

BGH bestätigt Beweiswürdigung des LG zu gutgläubigem Handeln weitgehend

Der BGH hat den Freispruch ganz überwiegend bestätigt. Hierbei musste seinen Angaben zufolge weder geklärt werden, ob in den vom Angeklagten geltend gemachten Beträgen überhöhte Kostenanteile ausgewiesen waren, noch, ob der Einsatz von Parkkrallen zur Durchsetzung solcher Forderungen zivilrechtlich zulässig ist oder nicht. Angesichts der damals weitgehend streitigen zivilrechtlichen Rechtslage zur Höhe erstattungsfähiger Abschleppkosten und zur Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten an falsch parkenden Fahrzeugen sowie der umfangreichen Rechtsberatung des Angeklagten habe der BGH keinen Anlass gehabt, die Beweiswürdigung des LG, wonach der Angeklagte insgesamt gutgläubig gehandelt hat, aus Rechtsgründen zu beanstanden.

Freispruch in einem Fall wegen überhöhter "Parkkrallen-Kosten" aufgehoben

Lediglich in einem Fall, in dem nach den Urteilsfeststellungen unter Einsatz einer Parkkralle weit überhöhte Kosten geltend gemacht wurden, hat der BGH die Beweiswürdigung des LG beanstandet und den Freispruch insoweit aufgehoben. Dieser Fall müsse erneut geprüft werden, weshalb die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht München zurückverwiesen wurde.

BGH, Urteil vom 20.12.2016 - 1 StR 253/15

Redaktion beck-aktuell, 22. Dezember 2016.