Keine Auskunftspflicht des Notars bei Anfragen "ins Blaue hinein"

Ein Notar muss nur Ausfertigungen konkret benannter Urkunden übergeben. Laut Bundesgerichtshof ist er nicht verpflichtet, Auskunft über alle Verfahren zu erteilen, an denen eine bestimmte Person beteiligt war oder Abschriften all dieser Geschäfte zu fertigen. Dies gelte auch gegenüber einem Nachlassinsolvenzverwalter – der Gesetzgeber habe keine besondere Mitwirkungspflicht des Notars im Insolvenzverfahren vorgesehen.

Abschriften zu allen notariellen Urkunden gefordert

Im Februar 2018 wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass eines Anfang 2016 verstorbenen – vom Freistaat Bayern beerbten – Erblassers eröffnet. Der bestellte Insolvenzverwalter verlangte von einem Notar, Zweitschriften sämtlicher Urkunden des Verstorbenen zu fertigen und auszuhändigen, "soweit es um Urkunden geht, die im Zusammenhang mit dem privaten und/oder geschäftlichen Vermögen des Erblassers stehen". Er teilte mit, er könne die Vermögenswerte des Toten nicht überprüfen, da dessen Witwe alle Unterlagen vernichtet habe. Der Notar stellte sich quer. Das LG Passau wies die Beschwerde des Verwalters zurück, da sich der Anspruch auf Erteilung von Abschriften nach § 51 Abs. 1 und 3 BeurkG nur auf einzelne Urkunden beziehe, die konkret und so genau wie möglich bezeichnet werden müssten. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde beim BGH blieb erfolglos.

BGH: Konkreter Bezug zur Urkunde

Maßgeblicher Ausgangspunkt bei § 51 BeurkG sei die konkrete Niederschrift, um deren Abschriften es gehe. Dem V. Zivilsenat zufolge hat der Antragsteller dabei eine Mitwirkungspflicht: Er müsse dem Notar, sofern dies nicht offensichtlich sei, aufzeigen, dass es um eine konkrete Urkunde gehe, die von diesem errichtet worden sei oder verwahrt werde, und diese zumindest nach Errichtungszeitraum und Gegenstand konkretisieren. Weiter werde die Verschwiegenheitspflicht des Notars aus § 18 BNotO durch § 51 BeurkG auch nicht eingeschränkt. Der von dem Nachlassinsolvenzverwalter angeführte Gesichtspunkt, er könne das ihm übertragene Amt nicht sachgerecht ausfüllen, wenn er von dem Notariat keine Informationen über Vermögensverfügungen des Erblassers erhalte, rechtfertige keine andere Beurteilung. Das Insolvenzverfahren sehe keine besonderen Mitwirkungspflichten des Notars im Sinne von § 51 Abs. 4 BeurkG vor. Der Insolvenzverwalter habe mit keinem Wort erläutert, weshalb der Verstorbene überhaupt an Niederschriften beteiligt gewesen sein könnte, zumal er in einer anderen Stadt gewohnt hätte. Aus Sicht des BGH war der Antrag mithin ins Blaue hinein gestellt. Mit solchen Ausforschungsanträgen müsse sich ein Notar jedenfalls nicht inhaltlich befassen.

BGH, Beschluss vom 08.07.2021 - V ZB 42/19

Redaktion beck-aktuell, 3. September 2021.