Weiterhin keine Ausdehnung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung
Lorem Ipsum
Delux / stock.adobe.com

Wer seine Miet­rück­stän­de in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung der Räu­mungs­kla­ge be­gleicht, er­reicht damit nur, dass die au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung un­wirk­sam wird. Der Bun­des­ge­richts­hof sieht auch weiterhin keinen Grund, von der ständigen Rechtsprechung abzuweichen und die Wirkungen einer Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung auszudehnen. Dafür spreche, dass entsprechende Gesetzesvorhaben vom Gesetzgeber nicht weiter verfolgt wurden.

Mieter gleicht Mietrückstände letztlich doch aus

In Berlin zog ein Mann im März 1984 in eine damalige Dienstwohnung ein, deren monatliche Nettomiete bis Juni 2013 zunächst 307 Euro betrug. Nachdem die Bleibe im Sommer 2013 einen Balkon erhalten hatte, vereinbarten die Parteien per Vergleich eine Mieterhöhung um 55 Euro. Seit März 2012 minderte er die Miete bereits um 20% und erklärte dies mit Mängeln wegen Verschattung der Wohnung nach einem Balkonanbau sowie wegen eines entfallenen Spielplatzes. Ab August 2013 weigerte er sich, die vereinbarte Mieterhöhung zu entrichten. Wegen aufgelaufenen Mietrückstanden kündigte die Vermieterin, welche die Wohnung 2014 erstanden hatte, den Vertrag fristlos, hilfsweise ordentlich, und erhob Zahlungs- und Räumungsklage vor dem AG Berlin-Lichtenberg. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage beglich der Mieter die Rückstände. Das AG gab der Räumungsklage aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung statt, die 66. Zivilkammer des LG Berlin wies sie hingegen ab. Die Revision der Vermieterin beim BGH hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an eine andere Kammer des LG.

Keine Beanstandungen an die derzeitige Normanwendungspraxis

Entgegen der Auffassung des LG sind die auf die ausgebliebenen Mietzahlungen des Beklagten gestützten ordentlichen Kündigungen dem VIII. Zivilsenat zufolge nicht infolge der Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden. Dies gelte nur für außerordentliche Kündigungen. Der BGH sieht auch weiterhin keinen Grund, von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Das LG verkenne, dass er zur Beurteilung des Willens des Gesetzgebers nicht auf dessen bloßes Schweigen im Rahmen jüngerer Gesetzgebungsvorhaben abgestellt habe. Vielmehr seien Gesetzesvorhaben, welche der Norm einen weitergehenden Anwendungsbereich geben und zu einer Erstreckung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung führen sollten, nicht weiter verfolgt - beziehungsweise mehrfach Gesetzesanträge mit diesem Inhalt ausdrücklich abgelehnt worden. Das LG müsse, falls es das Mietverhältnis nicht bereits aufgrund der wegen Zahlungsverzugs ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen als beendet ansehen sollte, prüfen, ob die im Laufe des Verfahrens erklärte Kündigung wegen "zumindest versuchten Prozessbetrug[s]" begründet sei.

BGH, Urteil vom 05.10.2022 - VIII ZR 307/21

Redaktion beck-aktuell, 17. November 2022.