Keine Entschädigung für vorläufiges Berufsverbot

Ein Anwalt hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen eines verhängten vorläufigen Berufsverbots im anwaltsgerichtlichen Verfahren. Laut Bundesgerichtshof sieht die Bundesrechtsanwaltsordnung dafür keine Rechtsgrundlage vor. Auch das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen sei bei einem disziplinarrechtlichen Verfahren nicht anwendbar.

Vertrauensunwürdiges Verhalten

Ein Anwalt verlangte festzustellen, dass ihm wegen eines vom Anwaltsgericht Brandenburg verhängten vorläufigen Berufsverbots dem Grunde nach eine Entschädigung zu leisten sei. Das Gericht hatte ihn im Dezember 2017 aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen und ein vorläufiges Berufsverbot nach §§ 150, 155 BRAO gegen ihn verhängt. Ihm wurde vorgeworfen, in den Jahren 2013 bis 2015 Zustellungen nicht entgegengenommen und die Empfangsbekenntnisse nicht mit Datum versehen unverzüglich erteilt zu haben. Zudem habe er einen Kläger vertreten, ohne dafür mandatiert gewesen zu sein. Überdies sei er trotz vorläufigen Berufsverbots tätig gewesen.

AGH: Verweis und Geldbuße in Höhe von 15.000 Euro

Der Anwaltsgerichtshof Brandenburg hob das Urteil auf, stellte das Verfahren wegen Fehlens eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses entsprechend § 260 Abs. 3 StPO ein und hob das vorläufige Berufsverbot auf. Nachdem der Anwalt erneut in denselben Themenkomplexen angeschuldigt wurde, verband das Anwaltsgericht sämtliche gegen ihn anhängige Verfahren. Es erteilte einen Verweis und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 15.000 Euro gegen ihn. Der Anwaltsgerichtshof verwarf die Berufungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Juristen, sah jedoch bei Letzterem die Geldbuße in Höhe von 2.000 Euro wegen einer Verfahrensverzögerung als bereits vollstreckt an. Die Revisionen von beiden scheiterten. Auch der Feststellungsantrag des Anwalts beim BGH blieb ohne Erfolg.

Fehlende Rechtsgrundlage

Für die begehrte Feststellung einer Entschädigungspflicht für das durch das Anwaltsgericht verhängte vorläufige Berufsverbot fehlte es dem Anwaltssenat zufolge bereits an einer Rechtsgrundlage. Das Gleiche gelte für die im anwaltsgerichtlichen Verfahren nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO ergänzend sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung. Die sich aus der Verweisung in § 116 Abs. 2 BRAO auf die Vorschriften des Siebzehnten Teils des Gerichtsverfassungsgesetzes ergebenden Entschädigungsansprüche wegen überlanger Dauer des anwaltsgerichtlichen Verfahrens seien hier nicht anwendbar. Denn es handele sich lediglich um einzelne Verfolgungsmaßnahmen. Eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) komme ebenfalls nicht in Betracht. Es sei im anwaltsgerichtlichen Verfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar, da es sich dabei um kein Strafverfahren, sondern um ein eigenständiges Verfahren mit "Sühne- und Ordnungsfunktion" handele. Für etwaige Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG seien allein die Zivilkammern der LG zuständig.

BGH, Beschluss vom 10.10.2022 - AnwSt (R) 5/21

Redaktion beck-aktuell, 15. Dezember 2022.