Keine Abschiebungshaftanordnung ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft

Läuft gegen einen Menschen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, darf gegen ihn keine Abschiebungshaft angeordnet werden, ohne dass die zuständige Staatsanwaltschaft dem zustimmt. Der Bundesgerichtshof erklärte eine entsprechende Anordnung gegen einen Georgier, der sich in Deutschland ohne Aufenthaltsrecht aufhielt, für rechtswidrig. Der Haftantrag hatte nicht dargelegt, dass die Staatsanwaltschaften mit der Abschiebung des Mannes einverstanden waren.

Ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaften abgeschoben

Ein Mann aus Georgien reiste um die Jahreswende 2020 nach Deutschland ein. Im Mai 2020 wurde er ausgewiesen. Für den Fall, dass er das Land nicht freiwillig verlässt, wurde ihm die Abschiebung angedroht. Inzwischen hatten einige Staatsanwaltschaften begonnen, gegen ihn wegen verschiedener Vermögensdelikte zu ermitteln. Im Dezember wurde er von der Polizei vorläufig festgenommen und vom Amtsgericht Solingen die Abschiebungshaft bis spätestens dem 19.01.2021 angeordnet. Seine Beschwerde zum Landgericht Wuppertal blieb erfolglos. Nach seiner Abschiebung erhob der Mann noch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, um feststellen zu lassen, dass die Anordnung der Abschiebungshaft rechtswidrig war – mit Erfolg.

Abschiebung nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaften durchführbar

Nach § 417 Abs. 2 Nr. 5 FamFG muss in dem Haftantrag unter anderem dargelegt werden, dass die Voraussetzungen der Durchführbarkeit der Abschiebung erfüllt sind. Anderenfalls darf dem BGH zufolge eine Freiheitsentziehung zur Sicherung der Abschiebung nicht angeordnet werden. Der Beschuldigte eines laufenden Ermittlungsverfahrens dürfe ohne Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht abgeschoben werden, es sei denn, das Verfahren sei zwischenzeitlich nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Weiß der Haftrichter also, dass es offene Verfahren gibt, muss er prüfen, ob der Haftantrag darlegt, dass die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung erteilt hat oder dass die Zustimmung entbehrlich ist. Ohne eine entsprechende Darlegung ist der Antrag laut den Karlsruher Richtern unzulässig. Da der Haftantrag gegen den Georgier keine solchen Angaben enthielt und dieser Mangel auch bis zum Ende der Tatsacheninstanz nicht geheilt worden war, hat der XIII. Zivilsenat festgestellt, dass die Haftanordnung rechtswidrig war und den Mann in seinen Rechten verletzt hat.

BGH, Beschluss vom 02.08.2022 - XIII ZB 13/21

Redaktion beck-aktuell, 18. November 2022.