Kein widersprüchliches Verhalten durch Schiedseinrede gegen Widerklage

Eine Schiedseinrede ist unbeachtlich, wenn der sie erhebenden Partei ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist. Laut Bundesgerichtshof ist es aber nicht treuwidrig, nach Rücknahme der Schiedseinrede des Verfahrensgegners gegen die Klage, diese betreffend der Widerklage selbst zu erheben. Daran ändere auch der sachliche Zusammenhang mit der von der Schiedsvereinbarung nicht erfassten Klage nichts.

Landessportverband will Auskunft über Verbandsabgaben

Ein Landessportverband des Deutschen Eishockey-Bundes e.V. verlangte von diesem Auskunft über Einnahmen aus Verbandsabgaben und ging von einem Streitwert von 130.000 Euro aus. Eine Vereinbarung aus dem Spätsommer 2002 des Zweitligaverbands mit den Landesverbänden sah vor, dass diese an Verbandsabgaben der DEL unmittelbar beteiligt werden sollten. Im April 2015 beschloss der Eishockey-Bund eine neue Satzung, die der klagende Landesverband ablehnte. Daraufhin kündigte der Dachverband den 2002 geschlossenen Vertrag. Laut Satzung war bei Streitigkeiten über Zahlungs- oder Schadensersatzansprüche bis zu 50.000 Euro das Schiedsgericht zuständig, darüber hinaus sollten die ordentlichen Gerichte entscheiden. Der Zweitligaverband erhob Widerklage auf Rückzahlung gezahlter Gelder und nahm seine zunächst erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung wieder zurück.

OLG erkennt treuwidriges Verhalten

Das LG München I verurteilte den Dachverband zur Auskunft über seine Einnahmen. Der Weg zu ordentlichen Gerichten stünde hier beiden Seiten offen. Das dortige Oberlandesgericht sah dies ebenso: Die Widerklage sei zulässig, obwohl der Antrag nur auf Zahlung von 41.000 Euro gerichtet sei. Es erscheine als treuwidrig und widersprüchlich im Sinn von § 242 BGB vor einem ordentlichen Gericht zu klagen und sich, nach Rücknahme der Schiedseinrede durch den Eishockey-Bund, für die Widerklage selbst darauf zu berufen. Dagegen wehrte sich der Regionalverband erfolgreich mit der Revision vor dem BGH.

BGH: Widerklage scheitert an Schiedsabrede

Der BGH verwies die Sache an das OLG zurück. Der Widerklage stehe die vom Eissportverband erhobene Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO entgegen, so dass sie als unzulässig abzuweisen sei. Die Karlsruher Richter kritisierten, dass es hier nicht um unterschiedliche Standpunkte zum selben Anspruch geht, sondern um zwei unterschiedliche Ansprüche, nämlich zum einen die Auskunfts- bzw. Zahlungsansprüche des Verbands im Hinblick auf vereinnahmte Gelder und zum anderen die Widerklageforderung auf Rückzahlung bereits ausgezahlter Gelder. Allein der sachliche Zusammenhang der Klage mit der Widerklage rechtfertige es nicht, die Schiedseinrede als unbeachtlich zu betrachten. Dass der Klageanspruch aufgrund der Höhe des Streitwerts nicht von der Schiedsabrede berührt werde, beruhe nicht auf Zufall, sondern sei eine vom Satzungsgeber gewählte bewusste Entscheidung.

BGH, Urteil vom 20.04.2021 - II ZR 29/19

Redaktion beck-aktuell, 18. Mai 2021.