Kein Verbotsirrtum nach Schmiergeldzahlungen für Schulbücher

Geschäftsleute müssen sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit über die Rechtslage erkundigen und sich stets auf dem Laufenden halten. Der Bundesgerichtshof hob einen Freispruch wegen Bestechung auf, bei dem ein Buchhändler mehreren Schulen für Bücherverkäufe Geld gespendet hatte. Auch wenn er davon ausgegangen sei, dass dieses – seit 1997 verbotene – Geschäftsmodell legal sei, stelle dies keinen unvermeidbaren Verbotsirrtum dar.

Freispruch vom Vorwurf der Bestechung

Ein Buchhändler bot elf thüringischen Schulen die Beschaffung von Schulbüchern an. Nachdem die Bildungsstätten diese bestellt hatten, erhielt der jeweilige Direktor einen Geldscheck für den Förderverein. Die Höhe des Geldbetrags richtete sich nach dem Umsatz. Zwischen Februar 2011 und Juli 2014 kam es in 25 Fällen zu Zahlungen von jeweils 1.026 Euro bis 2.874 Euro. Das LG Erfurt sprach den Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung frei, weil der Geschäftsmann sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe, § 17 Satz 1 StGB. Sein vom zuständigen Kultusministerium geduldetes Geschäftsmodell sei bis 1997 straflos gewesen, die danach erfolgte Verschärfung des Korruptionsstrafrechts sei "nicht in das Bewusstsein der Bevölkerung vorgedrungen". Die Schulleiter selbst hätten erst durch einen Vortrag des ermittelnden Beamten vor 150 Behördenleitern von der Rechtswidrigkeit des Modells erfahren. Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Revision beim BGH erfolgreich.

BGH: Erkundigungspflicht entscheidend

Aus Sicht der Richter befand sich der Angeklagte - entgegen der Annahme des LG - nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. Als Buchhändler hätte er sich vor Aufnahme seiner geschäftlichen Tätigkeit - zumal mit seinem besonderen Geschäftsmodell - erkundigen müssen, ob sie legal sei. Diese Erkundigungspflicht enthalte auch eine "Pflicht zur Aktualisierung" im Hinblick auf strafrechtlich relevante Rechtsänderungen. Eine objektive, sorgfältige, pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunft hätte ergeben, dass das vom Kaufmann praktizierte Geschäftsmodell nicht rechtmäßig ist. Das LG müsse nun prüfen, welche Haltung die nach § 13 Abs. 5 Thüringer Lehr- und Lernmittelverordnung für die Kontrolle der Planung und Bestellung von Lernmitteln unmittelbar zuständigen Schulämter zur Kooperation der Schulen mit dem Angeklagten eingenommen und nach außen kundgetan hätten. Die Der BGH verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer zurück.

BGH, Urteil vom 18.11.2020 - 2 StR 246/20

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2021.