Kein unbeschränktes Zugangsrecht des Architekten
Lorem Ipsum
© Production Perig / stock.adobe.com

Eine Vereinbarung per AGB, die dem Architekten erlaubt, das von ihm umgebaute Haus für die Anfertigung von Aufnahmen auch nach Beendigung des Auftrags zu betreten, ist unwirksam. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine solche Klausel den Bauherrn unangemessen benachteiligt, weil seine Interessen bei der Frage, ob Zutritt gewährt werden muss, nicht berücksichtigt worden sind. Auch das Urheberrecht verleihe dem Architekten kein Zugangsrecht, wenn er kein Werk geschaffen habe.

Gebäude entkernt und neu gestaltet

Ein Architekt bekam 2013 den Auftrag, ein Wohngebäude zu erweitern und umzubauen. Er plante die Anordnung, den Zuschnitt und die Aufteilung der Räume und erstellte das Lichtkonzept des Gebäudes. In den AGB behielt er sich vor, auch nach Beendigung des Auftrags Fotos von seinem Werk anzufertigen und dazu in Abstimmung mit dem Bauherrn das Gebäude betreten zu dürfen. 2018 erbat er erfolglos die Zugangserlaubnis und klagte erfolgreich vor dem Amtsgericht Stuttgart. Das Landgericht Stuttgart wiederum gab dem Bauherrn Recht. Auch der Bundesgerichtshof verneinte ein unbedingtes Zutrittsrecht des Architekten.

Kein Zugangsrecht aus AGB-Klausel

Ein vertraglicher Duldungsanspruch besteht dem BGH zufolge nicht, weil die AGB-Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Sie setze missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten des Bestellers durch, da der Kläger danach das Haus zeitlich unbegrenzt - selbst nach Beendigung des Auftrags - und mehrmals betreten dürfe, um Fotos anzufertigen. Dabei werde das Interesse des Bauherrn, der in den Räumlichkeiten selbst wohne, seine Privatsphäre zu wahren, nicht im Geringsten berücksichtigt. Diese ganz deutliche Missachtung der Eigentümerinteressen verstoße gegen Treu und Glauben, so dass die Klausel unwirksam sei. Der Einwand, der Bauherr könne die Möbel und Gemälde doch abdecken, bestehe nur innerhalb des unbedingten Zugangsrechts, und ist deshalb laut den Karlsruher Richtern unbeachtlich. Auch die Verwendung der Klausel in vielen Verträgen lasse das Zugangsrecht nicht zu einer üblichen und angemessenen Verkehrssitte erstarken.

Kein Zugangsrecht aus Urhebergesetz

Auch § 25 Abs. 1 UrhG, der vom Besitzer eines Werks verlangt, den Zutritt des Urhebers zu dessen Werk zu dulden, kann dem Architekten dem I. Zivilsenat zufolge nicht helfen: Zum einen setze die Regelung voraus, dass keine Interessen des Werkbesitzers entgegenstehen. Zum anderen habe das Landgericht Stuttgart zu Recht die Eigenschaft eines Werks nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG verneint. In der Planung des Wohnhauses liege keine persönliche geistige Schöpfung, sondern nur ein alltägliches Bauschaffen ohne erkennbare Besonderheiten. Der Architekt sei den technischen Regeln sowie den Zwängen der baulichen Gegebenheiten gefolgt und habe keine eigene kreative Entscheidung gefällt, deshalb fehle es an einem schöpferischen Werk der Baukunst.

BGH, Urteil vom 29.04.2021 - I ZR 193/20

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2021.