Kein Transportkostenvorschuss für Käufer bei angebotener Abholung

Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung voraus. Der Bundesgerichtshof bestätigt, dass der Käufer für etwaige Transportkosten grundsätzlich einen Vorschuss verlangen kann. Ihm stehe hingegen kein derartiger Anspruch zu, wenn der Verkäufer die Abholung unentgeltlich anbiete und die Kaufsache zum Erfüllungsort bringen wolle.

Streit um Transport eines Dressurpferdes zur "Mangelbeseitigung"

Eine Reiterin verlangte vom Verkäufer unter anderem die Rückzahlung des Kaufpreises für ihr Pferd von 12.000 Euro und Aufwendungen für Reitausrüstung, Tierarztkosten, usw. in Höhe von 5.270 Euro. Sie hatte den fünf Jahre alten Oldenburger Wallach im Juni 2017 erworben. Zwei Monate später rügte sie dem Beklagten gegenüber mehrmals ein Zungenstrecken des Pferds (laut Sachverständigem eine behandelbare Schmerzäußerung des Tiers) und forderte ihn jeweils unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Der Verkäufer erklärte sich (mehrfach) zur Nachbesserung bereit und bot an, das Pferd hierzu am Stall abzuholen, was die Käuferin ablehnte. Stattdessen sollte er einen Transportkostenvorschuss von 1.200 Euro zahlen, damit sie den Transport des Tieres zu ihm selbst durchführen könne. Damit wiederum war der Verkäufer nicht einverstanden. Nachdem sowohl die Nachbesserung- als auch Vorschussfrist abgelaufen war, erklärte die Klägerin am 04.09.2019 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Am 02.12.2019 wiederholte sie die Rücktrittserklärung und teilte mit, eine Fristsetzung sei wegen endgültiger und ernsthafter Erfüllungsverweigerung entbehrlich. Die Klage scheiterte sowohl beim LG Baden-Baden als auch beim OLG Karlsruhe: Die Käuferin habe dem Verkäufer nicht erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt (§ 437 Nr. 2, §§ 440, 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB), da sie ihm das Pferd nicht so zur Nachbesserung angeboten habe, dass dieser von seinem Nacherfüllungsrecht hätte Gebrauch machen können, so die Begründung. Auch die Revision der Klägerin beim BGH hatte keinen Erfolg (VIII ZR 109/20).

Obliegenheit zur Nacherfüllung ist entscheidend

Der VIII. Zivilsenat stimmte den Ausführungen der Vorinstanzen zu: Die Käuferin sei nicht mit Schreiben vom 04.09.2019 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§ 439 Abs. 2 BGB). Zwar habe sie dem Verkäufer vor der Erklärung des Rücktritts eine Frist zur Beseitigung des gerügten Mangels in Form eines Zungenstreckens des Pferds gesetzt. Durch den Umstand, dass sie die Abholung des Pferds durch den Beklagten verweigert, auf der eigenen Verbringung zu dem beim Beklagten gelegenen Nacherfüllungsort bestanden und diese von der Zahlung eines Transportkostenvorschusses (§ 475 Abs. 4 BGB) abhängig gemacht habe, habe sie dem Beklagten eine Gelegenheit zur Nacherfüllung vorenthalten. Dazu wäre sie allerdings verpflichtet gewesen. Einen Vorschuss konnte sie laut den Karlsruher Richtern auch nicht verlangen, da der Verkäufer (durchgehend) bereit war, das Pferd zwecks Untersuchung und Nachbesserung auf seine Kosten bei ihr abzuholen. Durch die Zahlung eines Transportkostenvorschusses habe sie zudem selbst zu erkennen gegeben, dass bei einem vorab zu leistenden finanziellen Ausgleich das mit einem Transport des Pferds verbundene Risiko – auch über eine längere Strecke – grundsätzlich für sie keine erhebliche Unannehmlichkeit bedeute.

BGH, Urteil vom 30.03.2022 - VIII ZR 109/20

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2022.