Kein konkludenter Neuabschluss eines Girovertrags bei unbekannter Insolvenz

Ist ein Girovertrag wegen einer Insolvenz erloschen und weiß die Bank hiervon nichts, können spätere Handlungen des Geldinstituts in der Regel nicht als konkludente Zustimmung für einen neuen Vertrag ausgelegt werden. Maßgeblich ist dabei laut Bundesgerichtshof, ob die Tätigkeiten im Rahmen des (erloschenen) Vertrags zu den bisherigen Bedingungen vorgenommen wurden und werden sollten.

Insolvenzverwalter gibt Kontoguthaben frei

Ein Zahnarzt verlangte von seinem Insolvenzverwalter die Herausgabe eines Kontoguthabens von 12.500 Euro, das dieser zur Masse gezogen hatte. Im Oktober 2014 eröffnete das Landgericht Bad Kreuznach das Insolvenzverfahren und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Einen Monat vorher hatte der Dentist bei einer Bank ein neues Geschäftskonto eröffnet, wovon der Verwalter nichts wusste. Im Dezember 2014 gab er dessen selbstständige Tätigkeit frei. Als er kurz darauf von dem Girokonto erfuhr, ließ er es erst sperren und löste es dann Ende des Jahres auf. Das Guthaben von 13.300 Euro überwies er auf ein für die Insolvenzmasse eingerichtetes Sonderkonto. Das LG Bad Kreuznach gab der Klage des Arztes überwiegend statt. Die Berufung des Verwalters hingegen scheiterte beim Oberlandesgericht Koblenz, da für die Zeit nach der Freigabeerklärung ein konkludenter Neuabschluss des Vertrags zwischen Arzt und Bank vorliege. Der BGH hob das erste Urteil des OLG auf und verwies die Sache zurück (NJW 2019, 1451). Das Koblenzer Gericht wies die Klage lediglich in Höhe weiterer 240 Euro ab. Die erneute Revision des Insolvenzverwalters beim BGH war zunächst erfolgreich.

Vertragsgemäße Handlungen

Aus Sicht der Karlsruher Richter gehörte das Guthaben auf dem Konto der Bank nicht zum insolvenzfreien Vermögen des Zahnarztes. Der ursprüngliche Girovertrag sei nach den §§ 115, 116 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen. Der BGH moniert, das OLG habe zu Unrecht einen konkludenten Neuabschluss des Girovertrags nach der Freigabeerklärung vom Dezember 2014 angenommen. Laut BGH stellten sich die Handlungen der Bank aus der Sicht eines objektiven Empfängers als vertragsgemäßes Verhalten im Rahmen des bereits im September 2014 abgeschlossenen Rahmenvertrags dar. Dem IX. Zivilsenat zufolge hätte das OLG klären müssen, ob die Bank im Dezember 2014 tatsächlich einen neuen Vertrag geschlossen hat. Der BGH verwies die Sache daher an einen anderen Senat des OLG zurück.

BGH, Urteil vom 16.09.2021 - IX ZR 213/20

Redaktion beck-aktuell, 19. Oktober 2021.